Dr. Dennis Müller ist seit 1. Mai 2015 Zoodirektor im halleschen Bergzoo. Als solcher hat er mit den „Halplus Magischen Lichterwelten“ die deutschlandweit größte Veranstaltung ihrer Art auf den Reilsberg geholt. Darüber, über seine Pläne, globalen Lebensraumverlust für die Tiere und über Grundsatzkritik am Konzept „Zoo“ spricht er im Interview
Halplus Magische Lichterwelten, bis 15. März, Zoo Halle, täglich außer montags von 17.30 bis 22 Uhr, www.zoo-halle.de
Die „Magischen Lichterwelten“ sind mittlerweile Deutschlands größte Veranstaltung Ihrer Art. Wie erklären Sie sich diesen Erfolg?
Die „Halplus Magischen Lichterwelten 2019“ waren für uns mit mehr als 140.000 Besuchern in der Tat ein großer Erfolg. Ich glaube, dass dazu mehrere Faktoren beigetragen haben. Allen voran: Die Ausstellung, die unser Team vom Besucherservice in Eigenregie konzipiert und auf unser Zookonzept abgestimmt hat, war rundum gelungen. Die vielen Details, Formen und Farben haben die Besucher begeistert – und das in der grauen Februarzeit, in der sich viele schon nach dem Frühling sehnen. Die einmalige Kulisse im Bergzoo hat sicher auch dazu beigetragen, dass die Ausstellung ganz besonders beeindruckend wirkte. Vom Eingang aus betrachtet, hatte man das Gefühl, als ob der ganze Berg erleuchtet wäre. Aber auch das Marketing, die Aufmerksamkeit in den Medien waren sehr wichtig. Immerhin hatten wir Besucher aus allen Winkeln Deutschlands.
Sie sind seit 2015 Deutschlands jüngster Zoodirektor. Mit welcher Motivation sind Sie angetreten? Wie fällt bislang Ihr Fazit aus? Was sind die Pläne für die nächsten Jahre?
Der Zeitpunkt war für meinen Gestaltungsdrang sehr günstig. Die Stadt wünschte sich einen Entwicklungsplan für den Zoo, da die letzten Investitionen bereits einige Jahre zurücklagen. Der schöne Landschaftspark, das starke historische Profil als Bergzoo und die gute Entwicklung in moderne Tieranlagen seit der politischen Wende machten es mir nicht schwer, eine Vision für den Bergzoo zu entwickeln.
Heute haben wir ein Zukunftskonzept mit dem Titel „Bergzoo 2031“, jetzt befinden wir uns mitten in dessen Umsetzung. Die Tieranlagen sollen nach Lebensräumen auf dem Zoogelände gegliedert und erlebbar gemacht werden. Der Besucher soll in die Lage versetzt werden, in ferne Welten einzutauchen und unter diesem Aspekt den Lebensraum als prägendes Element für die an ihn angepasste Tierwelt zu verstehen.
Erste Umbauten sind schon erfolgt: So zeigen wir die Bambuswälder am Himalaya mit dem Roten Panda als Leitart oder die Bergregion am Kap der Guten Hoffnung mit Bergzebras und Löffelhunden. In diesem Jahr folgt dann der Umbau unseres Bauernhofes zur alpenländischen „Reilsalm“ mit Murmeltieren und Steinschafen. Die Besucher scheinen unsere Bemühungen zu honorieren. Die Zahlen stiegen in den letzten Jahren von 330.000 auf nunmehr als 540.000 Besuche im Jahr an – ein toller Erfolg, der mich stolz auf unsere Arbeit macht.
Sie haben die erschreckenden Brand-Bilder aus Australien gesehen, über eine Milliarde Tiere sind tot. Welche Rolle kann ein mitteldeutscher Zoo in Zeiten der Klimakrise spielen?
Unsere Zoologischen Gärten sind die mit am stärksten besuchten außerschulischen Lernorte und können im Bereich der Umweltbildung einen Beitrag zur Sensibilisierung für ein nachhaltigeres, verantwortungsvolleres und ressourcenschonenderes Leben leisten. Das ist nicht einfach. Unsere Besucher kommen nicht unbedingt gezielt in den Zoo, um sich über solche Themen zu informieren. Öfter steht der Wunsch nach einer Freizeitbeschäftigung oder die Tierliebe im Vordergrund. Dennoch ist es eine Chance und unsere Pflicht als Tierhalter, auf Themen des Umwelt- und Artenschutzes aufmerksam zu machen. Wir versuchen dies bei unseren Beschilderungen im Zoo, bei den Gruppenführungen, bei Artenschutztagen, in Fachvorträgen und bei Umweltbildungsveranstaltungen wie beispielsweise den „Regenwaldwochen“ während der Sommerferien im vergangenen Jahr. Unsere Tiere sind dabei Botschafter für ihrer Artgenossen in der Natur.
Beschäftigt sich ein Zoodirektor auch mit jenen Meinungen, die das Konzept des Zoos an sich in Frage stellen?
Zwangsläufig schon, dabei trete ich unseren Kritikern auch vehement entgegen. Zoos erfüllen gerade heutzutage vor dem Hintergrund eines massiven, globalen Lebensraumverlustes und eines sich ständig beschleunigenden Artensterbens immens wichtige Aufgaben. Der Artenschutz und die Besucherbildung sind wesentliche Säulen unserer Arbeit. Dabei geht es gar nicht so sehr um den Erhalt tausender Arten in Zoopopulationen wie in einer Arche. Angesichts des Ausmaßes des Artensterbens sind wir zu klein, um diese vielleicht größte Herausforderung unserer Zeit zu bewältigen. Für einzelne Arten, wie beispielsweise den großen Menschenaffen, den Sumatratiger, der Arabischen Oryx oder den Kalifornischen Kondor, gelingt dies jedoch schon.
Noch wichtiger ist jedoch der Beitrag aller Zootiere als Botschafter für die weltweiten Krisen: Lebensraumverlust, Artensterben und Klimaerwärmung! Das Ziel ist klar: „Nur was man kennt, das liebt man. Nur was man liebt, das schützt man!“. Der Zoobesuch stellt eine Erweiterung in der Freizeitgestaltung vor allem jüngerer Familien und älterer Menschen dar. Dies ist aus meiner Sicht die Hauptaufgabe unserer Zoos.
Dieses emotionale Erleben von Tieren lässt sich auch in der multimedialen Gesellschaft nicht durch andere, digitale Erfahrungen und Erlebnisse ersetzen. Dabei lautet unser Leitsatz: „Tiere erleben, Verständnis schaffen, Begeisterung wecken!“ Diesen Impuls müssen wir nutzen, um über das Tiererlebnis die Grundlage für ein verantwortungsbewusstes Handeln gegenüber Tieren als Mitgeschöpfe bereits bei kleinen Kinder zu verankern und zu festigen.
Text: Max Feller