Kapitel „Kunst“ im WUK Theater Quartier, bis 5. Juni, alle Termine: www.wuk-theater.de
Den Künstler Marc-Antoine Petit bringt man seit geraumer Zeit unmittelbar mit dem WUK Theater Quartier in Verbindung. Er ist derjenige, der den Flur und den Eingangsbereich am Holzplatz 7a gestaltet hat. Ab 1. Mai ist nun eine Ausstellung mit seinen neuesten Bildern im WUK-Theater-Quartier zu sehen. Grund genug, beim gebürtigen Franzosen Petit nachzufragen
Hallo, Marc-Antoine, können Sie sich bitte kurz vorstellen?
Ich bin freischaffender Maler, Bildhauer und Performancekünstler und komme aus der Bourgogne in Frankreich. Ich bin ausgebildeter Steinmetz und habe in Frankreich an verschiedenen historischen Bauwerken arbeiten dürfen, bis es mich als Wandergeselle nach Berlin verschlagen hat. Der Zufall führte mich dann 2013 für mein Kunststudium nach Halle. Die „Burg“ hat mich gleich begeistert. Ich habe bei Professor Bruno Raetsch im Fachbereich Bildhauerei/Figur studiert und 2020 bei ihm meinen Meisterschülerabschluss gemacht. Seitdem lebe und arbeite ich hier in Halle als freier Künstler.
Wie kam es denn zur Zusammen- arbeit mit dem WUK-Theater- Quartier?
Nachdem ich zwei Jahre in Folge eine begehbare Ausstellung beim Berlin-Circus-Festival gemacht hatte, bekam meine Kunst ab 2016 einen zunehmend performativen Charakter. Ich gestaltete mir ein Kostüm und fing an, meine Skulpturen, Bilder und Installationen als Bühnenraum zu benutzen und mit den Objekten performativ zu spielen. Daraus wurden Live-Paintings und Performances, bei denen ich in die Rolle einer clownesken, dadaistischen Figur schlüpfe. 2017 habe ich bei so einer Performance Tom Wolter kennengelernt. Er war gerade dabei, das WUK-Theater-Quartier aus der Taufe zu heben – und so kam eins zum anderen.
Seitdem ist das „WUK“ so etwas wie mein zweites Zuhause. Ich genieße dort eine gewisse künstlerische Freiheit, begleite verschiedene Kapitel des Programms mit Werken, mache Ausstellungen, Bildhauerarbeiten oder gestalte Plakate.
Was erzählen Sie in Ihrer Heimat Frankreich über Halle, über Ostdeutschland, über Deutschland?
Es gäbe so viel zu sagen, allein schon zu Sprache und Humor. Ich habe an der Burg bei tollen Menschen studiert, die mir sehr am Herzen liegen. Ich denke da besonders an Bruno Raetsch, Carsten Theumer, Bernd Kleffel und Wieland Krause. Sie haben die DDR als Künstler erlebt und mir viel über die deutsche Geschichte und Kultur erzählt. Sie waren mir in ihrem Wesen sofort vertraut, was ich in Westdeutschland vorher so nicht erlebt hatte. Mir scheint, der Osten hat seine ganz eigene Mentalität. Ich mag mich täuschen, aber da ist so ein Gefühl offener, unverkrampfter Solidarität.
Und was erzählen Sie daheim über Halle?
Halle ist auch architektonisch wunderschön. Ich mag den Kontrast von alten charmanten Fassaden und Modernität, ich finde die Stadt originell. Natürlich gefällt mir manches auch nicht, wie die langen roten Ampeln oder ein gewisser Herr, der jeden Montag auf dem Markt in ein Mikro schreit. Der Gesang des Eiermanns gefällt mir besser. Auch Halle Neustadt ist ein faszinierender Ort. Ich habe dort letztes Jahr für das WUK-Projekt „(Über)Wunden“ auf der Straße gemalt. Die Menschen waren es nicht gewöhnt, dass bei ihnen kulturell was passiert. Am meisten haben die Kinder reagiert.
Ab 1. Mai werden Ihre Arbeiten im WUK-Theater-Quartier ausgestellt. Was ist da zu sehen? Wie würden Sie selbst Ihre Kunst beschreiben?
Meine Kunst ist eine Mischung aus Art Brut, alten Abenteuercomics, Gothischer und Naiver Architektur, der Philosophie der alten Kathedralen-Baumeister und dem kindlichen Spiel, indem die Figur des Helden und das Abenteuer eine große Rolle spielen. Dazu eine Spur Mystizismus – eine Rückkehr zur Kontemplation, zum Außergewöhnlichen. Es sind Arbeiten, die Betrachter jeden Alters erreichen. Ich zeige in der Ausstellung vor allem Bilder, die in den letzten zwei Jahren entstandensind. Der Titel der Ausstellung ist „Vitriol“, so nannten die alten Alchimisten die Salze der Schwefelsäure, aber die Buchstaben stehen auch für „Visita Interiora Terrae Rectificandoque Invenies Occultum Lapidem“. Das ist lateinisch und heißt in etwa: Reise ins in- nere Reich, und indem du dich läuterst, wirst du den verborgenen Stein finden. Ein Hinweis darauf, dass wir in uns selbst hineinschauen müssen, um zu wachsen und Lösungen in Krisenmomenten zu finden. Die Bilder sind der unbewusste Spiegel dessen, was die letzten zwei Jahre in mir und in vielen von uns vorgegangen ist. Intuitive Arbeiten, in denen sich Politik, Geschichte, Philosophie und Spiritualität verbinden. Kunst kann eine sehr positive Kraft im Umgang mit den Krisen unserer Zeit sein und dem Sinnverlust entgegenwirken.
Wo arbeiten Sie noch?
Im Moment pendle ich zwischen meinem Atelier in Ammendorf und dem WUK-Theater-Quartier, wo ich über den Frühling an einer Bildhauerarbeit in Marmor arbeite. Am 29. Juli eröffnet in der „Galerie f2“, also hier in Halle, meine Einzelausstellung, zu der ich Sie alle herzlich einlade. Ich suche auch gerade ein neues Atelier, das etwas zentraler in Halle liegt. Also, falls jemand einen heißen Tipp hat …
Bitte vollenden Sie diesen Satz: „Halle ist für mich …
… mein deutsches Zuhause.
Text: Mathias Schulze