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Das letzte Wort in diesem Monat hat der Maler und Bildhauer Johannes Traub. Der Künstler wurde 1964 in Halle geboren und studierte unter anderem bei Professor Göbel an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein. Seit 1995 ist Traub freischaffender Maler und Bildhauer. Seine Kunst zeigt er das nächste Mal einer breiteren Öffentlichkeit zum Tag des offenen Ateliers am 21. und 22. September
Hallo, Johannes Traub, wenn Sie in diesen Tagen an Halle denken, welches Kompliment würden Sie der Stadt und/oder ihren Bewohnern machen?
Mir gefällt an Halle, dass es klein genug ist, um Menschen und Orte, die mir am Herzen liegen schnell zu erreichen und Vertrautheit zu erleben. Und groß genug, um unverhoffte Begegnungen und zufällige schöne Gespräche zu haben. Und was ich sehr, sehr liebe ist, dass Halle durch den Fluss geprägt ist. In der Saale zu baden, auf den Saale-Radwegen zu fahren empfinde ich als Privileg, diese Landschaft am Fluss rührt mich sehr an. Und ich liebe es, wenn Orte wie die Peißnitz und den Bebel-Platz von Menschen überschwemmt werden, von Familien, Cliquen, Leuten die Musik machen, Volleyball spielen und einfach vergnügt sich und den Sommer genießen.
Und welchen Tadel würden Sie ihr aussprechen?
Halle hat unbedingt das Zeug, eine Stadt des Genusses zu sein, aber es fehlt ihr an Wertschätzung der eigenen Talente und Vorzüge gegenüber. Ich meine den Genuss, der sich bei guten Speisen und Getränken einstellt und den kulturellen, künstlerischen und geistigen Genuss. Halle hat durch die Kunsthochschule und durch die freie Szene an Kunst und Kultur jede Menge Ressourcen, die sind aber für die Allgemeinheit nicht genug erlebbar. Es ist wichtig, dass alle Menschen, die mit und die ohne Geld, am kulturellen Leben der Stadt teilhaben können und die Kunstschaffenden Wertschätzung erfahren und ein finanzielles Auskommen haben. Nur so wird eine Stadt lebenswert und sympathisch.
Kriege, Klima, Inflation – überall Krisen. Wie gelingt es Ihnen, optimistisch zu bleiben?
Ich betreibe eine möglichst strikte Nachrichtenhygiene. Ich versuche genau zu prüfen, welche von den andrängenden Informationen aus der Welt ich wirklich an mich heranlasse und von welchen ich mich emotional abgrenze. Ich versuche die Quellen von Informationen zu prüfen. Soziale Netzwerke sehe ich sehr kritisch. Was für Hass, Härte und Entfremdung wird dort erzeugt! Ich glaube, dass dadurch Isolation entsteht und wir uns voneinander entfernen. Für mich sind es unbedingt die persönlichen Anbindungen, die uns dabei helfen, Krisen zu ertragen, damit umzugehen und Wege zu finden, dennoch optimistisch zu sein – ich bin es.
Abschließend, welchen Kulturtipp in oder aus Halle würden Sie unbedingt empfehlen?
Die kleinen Kinos, das Luchs-, das Puschkino und das Zazie – am liebsten würde ich täglich dort sein, so bezaubernd finde ich die Orte und das Angebot an Filmen. Im Theaterquartier WUK habe ich schon hinreißende Theaterinszenierungen und Konzerte erlebt. Das Pierre Grasse ist eine starke Adresse für Jazz und Newcomer. Und es ist toll, dass die Inhaberin der Buchläden „Heiter bis Wolkig“ zwischen den gut sortierten Wortwerken, aufregende Konzerte anbietet.
So, und nun wirklich ein letztes Wort.
Ich wünsche Halle eine gehörige Portion Eigenliebe: „Halle, du bist eine Perle!“
Text: Annett Krake