Das letzte Wort in diesem Monat hat mit Ulf Herden, ein Kultur- und Veranstaltungsmanager, dessen insbesondere als Jazz-Vermittler untrennbar mit Halle verbunden ist. Herden, studierter Ökonom, begann seinen Weg in die hallesche Musik und Veranstaltungsszene als Club-Chef im Studentenclub „Turm“. 1995 dann gründete mit dem Cultourbüro seine Konzertagentur und beschenkt - neben hunderten anderen Konzerten - die Stadtgesellschaft seitdem mit dem internationalen Women in Jazz-Festival, dessen umjubelte 20. Auflage gerade zu Ende gegangen ist.
Hallo Ulf Herden, wenn Sie in diesen Tagen an Halle denken, welches Kompliment würden Sie der Stadt und/oder ihren Bewohnern machen?
Gerade haben wir das 20. Festival Women in Jazz gefeiert und mehr als 5000 Jazzfans haben Tickets erworben und Konzerte besucht. Dabei waren es nicht nur Rebekka Bakken, Hiromi, Youn Sun Nah, Ida Nielsen, Julia Hülsmann und Kasia Pietrzko, die vomPublikum ausgewählt und gefeiert wurden. Es war auch die eigene Jazzszene, das Jazzkollektiv Halle, die Uni-Bigband, der Jazzchor inTune, die Kidjazzspezialisten von Jazz Enough oder das Jazz-Ballett der Oper, die dem Festival ein ganz besonderes Flair gegeben haben. Auch die vielen Tausend Besucher zu unseren kostenfreien Open-AirEvents in Halle und Merseburg, wie auch zum traditionellen Jazzgottesdienst beweisen, dass trotz aller immer noch anzutreffender inneren Skepsis des Einzelnen zum Genre Jazz, dieses Festival in Halle angekommen ist. Der neue OB hat sich als Jazzfreund geoutet und auch Gespräche zur Fortsetzung des Festivals Women in Jazz zwischen der Stadt Halle, dem Kulturausschuss und der Women in Jazz gGmbH sind während des Festivals auf den Weg gebracht worden.
Und welchen Tadel würden Sie ihr aussprechen?
Ich möchte etwas anregen, durchaus in eigener Sache, mit Blick auf die Georg-Friedrich-Händel-Halle. Die Halle, die seit 27 Jahren zu den wichtigsten Kulturorten der Stadt gehört, ist zum Festival Women in Jazz mit Konzerten im Großen Saal, mit einer informativen Ausstellung, Konzerten, Talk und Begegnungsstätte zwischen Künstlerinnen und Publikum im Foyer, zum Festivalmittelpunkt avanciert. Es gibt weitere Festivals und Ensembles in Halle, für die dieser Ort der Kultur eigentlich erschaffen wurde und es gibt die neuen Festivalprojekte, die in Halle ansässig geworden sind. Könnte man hier ähnliches für die Zukunft denken? Unser wichtigstes Festival, die Händelfestspiele waren in Vorcorona-Zeit mit drei bis vier Konzerten und der Festspieleröffnung mit ausgerolltem roten Teppich und visueller Präsenz präsent. Viele Gäste aus ganz Deutschland waren das gewünschte und verdiente Ergebnis. Eine Wiederbelebung der Idee wäre wünschenswert und liegt nicht allein in der Verantwortung der Festspiele, sondern erfordert Engagement der Stadt und Stadtgesellschaft. Dazu gehört es auch den tatsächlichen Problemstellungen einer 27 Jahre jungen Konzerthalle mit Zeitgeist zu begegnen und nach ökologischen und neuen technischen Erkenntnissen neu zu denken. Erlaubt sei unter anderem die Frage, warum auf der besonders großen Dachfläche der Händel-Halle die Idee der Eigenerzeugung von Energie immer wieder verworfen wird?
Kriege, Klima, Inflation – überall Krisen. Wie gelingt es Ihnen, optimistisch zu bleiben?
Grundsätzlich lehne social media als Informationsgeber zu politischen Themen ab und das Medien zunehmend mehr bewerten, statt zu informieren, macht es nicht einfacher. Ich denke, man hat als Mensch die Aufgabe für sich selbst eine Bewertung vorzunehmen und sich nicht vorschreiben zu lassen, was man zu denken hat. Nur Eigenständigkeit gibt mir die Möglichkeit meine Ideen zu entwickeln und umzusetzen.
Welchen Kulturtipp in oder aus Halle würden Sie unbedingt empfehlen?
Meine besten Wünsche für erfolgreiche Händelfestspiele – hierbei insbesondere das Galakonzert der Drei Countertenöre am 9. Juni - natürlich in der Händel Halle.
So, und nun wirklich ein letztes Wort:
Danke an alle Gäste, Freunde, Unterstützer, Förderer, Partner des Festivals Women in Jazz!
Text: Annett Krake