Literaturhaus Halle, Bernburger Straße 8, alle Termine: www.literaturhaus-halle.de
Literatur in Zeiten der Pandemie – wer könnte in Halle besser darüber Auskunft geben als Alexander Suckel. Suckel 1969 in Halle geboren leitet das Literaturhause der Stadt. Wir haben ihn zum Gespräch gebeten
Hallo Alexander Suckel, welches Buch lesen Sie gerade?
Oh, privat muss ich sagen, komme ich leider gerade wenig zum Lesen. Da überwiegen momentan die dienstlichen Herausforderungen, unsere Veranstaltungen müssen ja auch vorbereitet werden, ich muss und darf die Bücher der Gesprächspartner lesen. Und das ist natürlich großartig: Nadia Terranova, Jens Jessen, Thomas Kling, Paul Celan, und, und, und.
Beenden Sie bitte diesen Satz: „Corona hat uns eine Situation beschert, in der wir…
… uns neu orientieren mussten.
Sie dürfen ausführlicher werden.
Wir hatten gut ein viertel Jahr keine Leute mehr im Haus. So schlimm das war, so sehr haben wir die Zeit genutzt. Wir haben angefangen, die Veranstaltungen und Lesungen zu digitalisieren. Dafür haben wir uns vom „Werkleitz e.V.“ und von „42Film“ in Halle professionelle Unterstützung geholt, damit wir den Zuschauern auch ein technisch anspruchsvolles Ergebnis präsentieren können. Das war nicht nur eine sinnvolle Alternative in Zeiten, da keine öffentlichen Veranstaltungen stattfinden konnten. Das war auch eine gute und schöne Erfahrung, weil es unser Spektrum erweitert hat. Und das werden wir auch jetzt weiter fortführen. Wir entwickeln neue digitale Formate, parallel zum analogen Angebot.
Was wird es im November im Literaturhaus geben?
Da hätten wir den 100. Geburtstag von Paul Celan. Wir dürfen am 4. November Klaus Reichert empfangen, er war Celans Lektor und hat das Buch „Paul Celan – Erinnerungen und Briefe“ vorgelegt. Am 10. November sind Professor Benedicte Savoy (TU Berlin) und Karamba Diaby zu Gast, sie werden über Beutekunst, über die Rückgabe des afrikanischen Kulturerbes diskutieren.
Am 12. November werden wir den „Italienischen Herbst“ eröffnen. Das ist eine Veranstaltungsreihe in Kooperation mit dem Romanistischen Institut der MLU Halle-Wittenberg und dem Italienischen Kulturinstituts Berlin. Wir empfangen beispielsweise die italienische Starautorin Nadia Terranova, zeigen einen virtuellen Ausstellungsrundgang der Fotografin Laetizia Battaglia. Zudem lesen wir am 19. November aus „Spaghetti al pomodoro. Kurze Geschichte eines Mythos“ von Massimo Montanari. Am 14. November wird Uta van den Broek, die neue Geschäftsführerin der Theater-, Oper- und Orchester GmbH Halle (TOOH), zu Gast sein. Die Kunstpreisverleihung und die Fortsetzung der Reihe „Aufhorchen“, in der ausgewählte Radio-Features und Hörspiele zum Thema „30 Jahre Wiedervereinigung“ vorgestellt werden, will ich nicht vergessen.
Die Leute sollten ins Programmheft schauen.
Absolut.
Die Hygieneregeln gelten auch fürs Literaturhaus. Gleichzeitig sieht man im öffentlichen Raum auch immer wieder diejenigen, die ihre Maske unter der Nase tragen oder sie ganz verweigern.
Das ist mir absolut unverständlich. Leute, die der Meinung sind, wir befinden uns an der Schwelle zur Diktatur, weil sie aktuell beim Bierholen im Supermarkt eine Maske tragen müssen, haben niemals in einer Diktatur gelebt. Ich wünsche mir da deutlich mehr Respekt und vielleicht auch ein wenig Gelassenheit. Eine Beschneidung von Grundrechten jedenfalls sieht anders aus.
Abschließend: E-Book oder Hardcover?
Ich bin ein Freund des richtigen Buches, das ist ein ganz anderes und sinnlicheres Leseerlebnis. Ich brauche Anstreichungen und Eselsohren. Gleichwohl bin ich kein Technikverweigerer, ich kenne und schätze die Vorteile des E-Books. Bin ich auf Reisen, muss ich nicht noch drei Koffer voll mit Büchern mitschleppen.
Text: Mathias Schulze