Adolphi solo, 10. September beim Fontänefest, Peißnitzinsel Halle, 19 Uhr, alle Adolphi-Termine unter www.aberlours.de
Klaus Adolphi ist nicht nur Musiker bei „The Aberlour’s“ und bei der „Horch“, sondern auch Mitbetreiber des wildromantischen Eulenbergschen Hofes in Elben im Mansfelder Land, der nicht nur Konzerte, sondern auch Ferienangebote für Kinder anbietet. In diesen Tagen feiert Klaus Adolphi 40 Jahre Kunst in Selbstständigkeit. Grund, den Tausendsassa zum Gespräch zu bitten
Hallo, Klaus, Ihr Jubiläum steht an, 40 Jahre Kunst in Selbstständigkeit. Herzlichen Glückwunsch! Lassen Sie uns in den Rückspiegel schauen: Was ist der Unterschied zwischen einer Selbstständigkeit in der DDR und im heutigen Deutschland?
Die Unterschiede empfinde ich gar nicht als so wesentlich – in beiden Fällen musste und muss man sich stets selber um sein Fortkommen kümmern. Brötchen verdienst du halt nur so lange, wie du wirklich arbeitest und diese Arbeit auch verkaufen kannst. Bist du mal krank oder machst weniger, hast du eben auch weniger oder nichts. Im Osten war es vielleicht leichter, weil die Kultur generell subventioniert wurde – nicht die Künstler, aber die Veranstalter. Da waren 200 Konzerte im Jahr eher durchschnittlich … Andererseits musste man immer mit Repressionen rechnen, wenn man den Pfad der sozialistischen Behaglichkeit zu weit verließ. Apropos Rückspiegel: In diesem sieht man natürlich auch, was von hinten auf uns zu kommt.
Wollen wir es hoffen! Menschen machen Fehler. Welche haben Sie gemacht? Was würden Sie mit der Erfahrung von heute anders machen?
Ich glaube, die ganz großen Fehler waren nicht dabei, sonst wäre ich jetzt unzufriedener. Aber ja, man hätte schon einiges anders machen können.
Beispiele?
Beispielsweise gab es kurz nach dem Mauerfall in der Band, die damals ausschließlich „Horch“ war, ein ziemlich großes Sicherheitsbedürfnis, welches die mögliche künstlerische Aufbruchsstimmung zum Teil überdeckte. Das hatte natürlich was mit den allgemeinen ökonomischen Verunsicherungen und mit den bereits geknüpften familiären Bindungen zu tun. Ich habe beispielsweise in den frühen neunziger Jahren massiv Radiowerbung kreiert und produziert – welch eine Verschwendung! In dieser wilden Zeit hätte man sich ganz Anderes trauen können und sollen.
Noch einmal ein Rückspiegelblick: Wie kamen Sie eigentlich zum Eulenbergschen Hof? Was sind die prägendsten Erfahrungen, die Sie dort machen konnten? Warum lohnt ein Besuch?
Bei der Gelegenheit: Der Hof gehört mir ebenso wie meinem Kompagnon Holger Kreibich. Ich bin also kein Solo-Latifundist (meint: Besitzer eines großen Landgutes; Anm. d. Red.). Zu so etwas kommt man meist wie die Jungfrau zum Kinde, bei mir war es die Folge von Trennung, Stadtflucht, Zufall und Fügung. Die Erfahrungen dabei sind denen der Selbstständigkeit ähnlich. Du darfst hier leben und es dein Eigen nennen, aber du hast es auch an der Backe – in dem Fall sechs denkmalgeschützte Gebäude auf einem guten Hektar Fläche. Das ist was Anderes als das schicke Häuschen in der Siedlung. Das kann dich leicht auspowern. Andererseits ist es aber wirklich ein Kraftort, den ich nicht mehr missen möchte. Das scheinen auch viele andere Menschen zu spüren, die hier her kommen.
Das schönste Erlebnis als Künstler auf der Bühne war?
Ich glaube, das haben Sie mich schon einmal gefragt.
Ist schon etwas her! Erinnerungen verändern sich, neue Erfahrungen kommen hinzu. Und ich glaube auch, dass diese Frage Wesentliches entdecken kann.
Stimmt, aber trotzdem erzähle ich jetzt hier mal nichts von Wacken, Ian Anderson oder der verrückten UK-Tour 1989.
Sondern?
Sondern ich erzähle von einem kürzlichen Gespräch nach einem Konzert mit einem sichtlich und hörbar gehandicapten Fan, der mir eine ausführliche Rezension unseres letzten Albums vortrug – so detailliert, persönlich und hintergrundwissend, dass ich schwer beeindruckt war. Das würde ich mir mal von Journalisten wünschen!
Welcher Künstler wünscht sich das nicht! Spüren Sie noch Auswirkungen, die mit Corona und den Lockdowns zu tun haben?
Ja, sicher! Manche Veranstalter haben aufgegeben oder sind nun recht vorsichtig bei Planungen, was ich verstehen kann. Auch bei uns in Elben sind wir nach wie vor nur bei sechzig bis siebzig Prozent der früheren Besucherzahlen. Ich glaube, diejenigen, für die Kultur schon immer ein lebenswichtiges Element ist, waren und sind aktiv. Es fehlen vielleicht die Gelegenheitsrezipienten, die sich neu eingerichtet haben und nun meinen, dass es doch auch so geht. Man kann das schwer einschätzen. Bei mir selbst ist wohl eine der Auswirkungen, dass ich jetzt noch bewusster in den besagten Rückspiegel schaue.
Was ist Glück?
Das kann so vieles sein, aber da zitiere ich mal aus einer Lebenswende-Rede, die ich neulich halten durfte: „Jeden Morgen mit dem guten Gefühl aufzustehen, das Tagwerk – was immer es auch sei – gelassen oder gar freudig angehen zu können, das bedeutet Glück.“
Welche aktuellen Projekte und Pläne gibt es?
Jetzt kommt erst einmal die unvermeidliche wie geliebte Otter-Tour, fünf Wochen lang, bis Mitte August, spielen wir „The Aberlour’s“-Konzerte an der Ostsee. Mein neues Solo-Programm „Das ErVolkslied an sich“ läuft auch gerade gut an. Anfang des Jahres 2024 werde ich das mal auf einen Tonträger bannen, vielleicht auch mal wieder als Vinyl, das ist irgendwie schöner.
Text: Mathias Schulze