Berliner Vocaphoniker, 23. Februar, Ulrichskirche Halle, 16 Uhr, www.die-goldenen-20er-jahre.de
Wenn die Berliner Vocaphoniker im Februar in der Ulrichskirche die Show „Die goldenen 20er Jahre“ spielen, wird auch die Mezzosopranistin, Stimmbildnerin und Schauspielerin Alexandra Broneske, Jahrgang ’82 und geboren in Bernburg, mit dabei sein. Grund genug, bei Broneske nachzufragen. Ein Gespräch über freiberufliche Kunst, Alltag und Familie
Sie sind 2023 Mutter geworden. Und als freiberufliche Künstlerin in diverse Projekten involviert. Hand auf Herz: Wie schaffen Sie das alles? Es gibt bestimmt viele freiberufliche Kolleginnen, die den Schritt zur Mutterschaft aus nachvollziehbaren Gründen nicht wagen und Zweifel angemeldet haben, oder?
Wie das zu schaffen ist, weiß ich ehrlicherweise auch nicht. Aber es geht. Jeder Tag bringt neue Herausforderungen. Jede Familie kann das bestätigen.
Die größte Herausforderung?
Allem gerecht werden zu wollen. Dem Anspruch, genug Zeit für das Kind zu haben, den Alltag zu bewältigen, eine gute Partnerschaft zu leben, auf der Bühne genug Kraft zu haben, dem Publikum etwas zu schenken, was es bestenfalls glücklicher nach Hause gehen lässt, als es gekommen ist. Was meistens nicht klar ist: Als freischaffender Künstler kümmert man sich oft um alle Gewerke selbst: Kostüme, Werbung, Programmerstellung, Verträge oder Probenorganisation. Damit rechnet man im Studium nicht. Der Traum ist: Ab ans Theater! Aber die freie Szene läuft anders. Das ist so schön wie herausfordernd.
Und deswegen fragte ich nach Bedenken bezüglich des Kinderwunsches.
Die Entscheidung, freischaffend zu sein, muss man wirklich wollen, sonst kann die Belastung zu hoch sein. Aber ja, es gibt Vorteile, beispielsweise die eigene zeitliche Einteilung. Und Nachteile: Die eigene zeitliche Einteilung.
Schön gesprochen!
Unermüdliche Selbstmotivation ist die Grundbasis. Um Ihre Frage zu beantworten: Nein, bei mir hatte das keinen Einfluss auf die Familienplanung. Auch wenn ich zugeben muss, dass es mit einem Kind gut zu bewältigen ist. Aber mit einem zweiten? Also hat es wohl doch einen Einfluss. Wenngleich es eben auch von den eigenen Prioritäten abhängt. Und ich liebe meinen Beruf und möchte nichts anderes tun.
Weil wir schon einmal dabei sind, lassen Sie uns gleichsam intim bleiben: Es gibt das Klischee, dass das Showbusiness den jungen schönen Frauen den roten Teppich ausrollt, aber es mit zunehmenden Alter schwieriger wird. Ist das ein Klischee?
Charmante Frage.
Danke!
Fragen Sie mich das bitte noch mal in fünf Jahren.
Ich ruf’ an!
Spaß beiseite!
Sofort!
Natürlich bekomme ich das bei Kolleginnen mit. Ganz banal: Eine Frau wird alt, ein Mann reif. Es ist so ein Quatsch! Ich kenne so viele tolle Frauen über 50: Mit Elan, kreativ ohne Ende, weise, witzig, sexy. Vielleicht sollte das Publikum – nicht das „Showbusiness“ – darüber entscheiden und auch einfordern, dass es diversere Besetzungen gibt und Frauen über 50 Jahre nicht nur die Großmütter spielen. Da ich meine Programme oft selbst schreibe, hatte ich bisher nicht das Problem, dass ich mich wegen meines Alters nicht besetzen wollte. Auf dem freien Markt bekomme ich natürlich mit, dass ich nicht mehr der „Nachwuchs“ bin. Da ist jetzt eine Generation unterwegs, die fast 20 Jahre jünger ist. Aber wie gesagt, dafür kann ich von anderen Dingen erzählen, als ich es mit Anfang 20 konnte. Insofern ist das für mich persönlich kein Problem, aber fragen Sie mich das noch mal in fünf Jahren. Oder in zehn. „Eine Frau wird alt, ein Mann reif. Es ist so ein Quatsch! Ich kenne so viele tolle Frauen über 50: Mit Elan, kreativ ohne Ende, weise, witzig, sexy.“
Sie sind in Bernburg geboren, haben lange in Berlin gewohnt und siedeln heute in Neustrelitz. Was sehen Sie, wenn Sie den ländlichen Kultur-Alltag in Sachsen-Anhalt beobachten?
Sachen-Anhalt besteht ja aus wunderbaren Städten, die nehme ich mal in meiner Beobachtung aus. Es ist so, dass der Kunstbetrieb auf dem flachen Lande – wie in der freien Szene allerorts – stark vom Engagement der lokalen Vereine lebt. Was mancherorts für Bühnen existieren! Ich erwähne nur kurz als Beispiel den Eulenbergischen Hof in Elben.
Wunderbar, ja!
Ich bin 20 Kilometer von dort aufgewachsen. Und kannte es dennoch nicht. Im letzten Jahr hatten wir dort mit den Berliner Vocaphonikern einen unvergesslichen Auftritt. Herzenswärme, Umsichtigkeit, ein traumhaftes Publikum in einer einzigartigen Atmosphäre. Sie sehen, ich komme ins Schwärmen.
Warum sollte man die Berliner Vocaphoniker im Februar auf keinen Fall verpassen?
Für mich ist dieses Ensemble ein Geschenk. Wir feiern die Komponisten und die Texter der 20er Jahre – ob Gaga-Lieder, Tanzschlager, Operette oder Chanson. Neue Interpretationen ergeben sich dadurch, dass wir zwischen den Instrumenten hin und her wechseln. Die Sänger und Sängerinnen spielen auch Schlagzeug, Banjo, Ukulele oder Gitarre. Es ist ein Heidenspaß. Und wir freuen uns jedes Mal, wenn sich das auch auf unser Publikum überträgt. Also, einfach vorbeikommen und mitfeiern!
Das vollständige Interview ist unter facebook.com/HalleFrizz zu finden.
Text: Mathias Schulze