Schleimkeim und Frank Willmann, 29. April, Leipziger Werk 2, 20 Uhr, die Bücher sind unter www.ventil-verlag.de erhältlich
Die Ost-Punkband „Schleimkeim“ tritt in verkleinerter Form in Leipzig auf, vorab liest Frank Willmann aus „Satan, kannst du mir noch mal verzeihen“
Die Schleimkeim-Originale Mario „Isegrim“, „Lippe“ Lippmann und Hagen Schröder werden den Pogo-Mob am 29. April zum Kochen bringen. Und Sänger Dieter „Otze“ Ehrlich, der 1999 seinen Vater mit einer Axt tötete und anschließend sein Leben bis zu seinem Tod 2005 in einer psychia- trischen Klinik verbrachte, grüßt aus der Punker-Hölle. Davor liest Frank Willmann, der auch das neue Comic „Betreten auf eigene Gefahr. Schleimkeim-Songcomics“ (VÖ: 27. April) herausgegeben wird, aus der Neuauflage von „Satan, kannst du mir noch mal verzeihen – Otze Ehrlich, Schleimkeim und der ganze Rest“.
Aus diesem Buch, das ein Stück DDR-Geschichte von innen erzählt und auf Zeitzeugen-Interviews basiert, ist der folgende Ausschnitt, in dem sich Jens-Peter Salzmann, einer der ersten Punks in Wei- mar, an „Otze“ erinnert: „Was Musik anging, war Otze eigentlich ein Genie. Obwohl er manchmal ein Arschloch sein konnte. Selbst als Freund warst du nie sicher, ob du nicht doch mal eine fängst.“
Und weiter in den derben und ungeschminkten Erinnerungen Salzmanns: „Wir haben uns immer an einem IGA-Kiosk getroffen, einmal kam einer angerannt, mit blutender Nase und dickem Auge. Der rief: ´Der Otze verdrischt alle!´ Otze hatte Aussetzer, hat eben alle verdroschen, die er getroffen hat an dem Tag. Und fünf Minuten später war wieder Friede, Freude, Eierkuchen.
Aber wenn es dir an den Kragen ging, war er an deiner Seite. Einmal nach der Probe sind wir in die Stotternheimer Dorfschenke gegangen und haben ordentlich einen gezischt. Als wir rauskamen, stand die ganze Dorfjugend im Halbkreis vor der Kneipe und wollte uns verprügeln. Ich war sechzehn und ein dünnes Hemd, aber Dieter hat seine Kette rausgezogen und die verdroschen, nach Strich und Faden. Das waren zehn Leute, die sind stiften gegangen!
Das war och ein Tier, der kannte nicht Freund noch Feind, der ist einfach druff. In Halle später hatten sich die Skinheads angekündigt, er sagte: ‚Kein Problem, ich hab im Auto ein Bündel Eisen-stangen, die verhauen wir richtig!‘ Das war Otze. Das war schon geil, mit Otze hast du schon Sachen erlebt! Lagerfeuer machen auf der Müllkippe. Da ruft einer: ‚Ohej, ich hab ’ne alte Propangasflasche gefunden!‘ Prima, ins Feuer gehauen. Wir sind alle weggerannt, nur er ist stehengeblieben. Dann ist auch er weggelaufen, wir waren noch nicht richtig in Deckung, da ist das Ding losgegangen, so 200 Meter über uns drüber weg. Wir hatten Schiss in der Hose, und der freute sich! Phänomenal!“
Text: Mathias Schulze