Die 39 Stufen, 1. Juli bis 28. August, Anker-Innenhof, alle Termine: www.anker-leipzig.de
Armin Zarbock, Michael Rousavy, Johanna Schäfer und Elena Maria Pia Lorenzon wagen unter der Regie von Marco Runge ein Theaterexperiment. Ganze 40 Rollen werden die vier Schauspielenden im Sommertheater des Leipziger Ankers abdecken. „Die 39 Stufen” heißt das Stück. Ein absurd-lustiger Theaterspaß nach dem Roman von John Buchan und nach dem Film von Alfred Hitchcock. Grund genug, bei der Schauspielerin Elena Maria Pia Lorenzon nachzufragen
Hallo, Elena Maria Pia Lorenzon, warum sollte man Ihr Sommertheater-Stück namens „Die 39 Stufen” nicht verpassen?
Wer einen spannenden und amüsant-absurden Abend nicht verpassen möchte, sollte in jedem Falle zu uns kommen. Die Atmosphäre im Hof des Leipziger Ankers ist toll, und wir harmonieren als Ensemble sehr gut. Ich denke, das spüren unsere Zuschauer auch. Zum Ensemble zähle ich natürlich auch unseren Regisseur Marco Runge, unsere Kostümexpertin und unsere Requisiten. Und überhaupt den Engel für alles, die Hanne Hubein.
Das Stück ist …
… ein kleiner Spionage-Krimi, welcher aber doch eher zum Lachen anregt. Die Probenarbeiten dazu machen unglaublich viel Spaß.
Sie sind seit 2005 als freiberufliche Sängerin und Schauspielerin tätig. Erzählen Sie doch mal: In welchen Projekten sind Sie aktuell unterwegs? Welche Pläne gibt es?
Neben dem Sommertheater im Anker spiele ich im Sommer auch auf der Feinkost – ebenfalls in Leipzig – in dem Stück „Vampire wie wir“ unter der Regie von Armin Zarbock, der ebenfalls bei den „39 Stufen“ mitspielt. Zudem habe ich derzeit noch eine spannende Synchron-Rolle bei der TV-Serie „Daphne Finch – The Company You Keep“. Und ich singe bei „Mixtape – Philipp Richter und die Band Funky Beats“ die Backings und einige Soli. Bei den Marktmusiktagen im August darf ich zudem wieder als Sängerin mitwirken. Im Winter geht es bei der Dinnershow im Spiegelzelt des Krystallpalast Varietés weiter.
Sie hatten einst in Aachen ein festes Theaterengagement. Haben Sie in Ihrer Karriere Ost-West-Unterschiede festgestellt?
Tatsächlich habe ich keine Unterschiede feststellen können. Mag vielleicht daran gelegen haben, dass schon ein Kollege aus Dresden und eine Kollegin aus Oschatz „Vorarbeit“ geleistet haben. Nein, nur Spaß. Vielleicht ist es ein eher städtespezifischer Unterschied, denn das Angebot der freien Szene ist in Leipzig erheblich größer als in Aachen – zumindest empfinde ich es so.
Warum sind Sie in Leipzig geblieben?
Das hat sich irgendwie so ergeben. Es gab natürlich hin und wieder die Überlegung, zurück nach Nordrhein-Westfalen zu gehen. Ich vermisse meine Familie sehr. Allerdings führte glücklicherweise ein Engagement zum nächsten, so ging es dann immer weiter. Außerdem fühle ich mich (noch) sehr wohl hier in Leipzig. Das ist wichtig für mich.
Was haben Sie an Leipzig und an den Bedingungen für Ihre Arbeit zu bemängeln?
Nun ja, es ist schon seit einigen Jahren beispielsweise ziemlich schwierig, geeignete und vor allem für freie Gruppen erschwingliche Probenräume zu finden. Da fährt man regelrecht mit Wut an den grässlichen Baustellen vorbei, auf deren Infotafeln für „attraktive Gewerberäume und Ladenflächen“ geworben wird, deren Miete sich die Normalsterblichen ohnehin nicht leisten können. Die Baustellen überall, sie sind schrecklich. In meinen Augen wird Leipzig gerade leider eher kaputtgebaut. Gefühlt wird auch das kleinste Fleckchen Grün plattgemacht, um für den nächsten unansehnlichen „Prestige-Bau“ oder Konsumtempel Platz zu machen. Auch an meinem Wohnort musste ich dabei zusehen, wie Bäume für eine Baustelle, die unter eher fragwürdigen Umständen geführt wird, gefällt wurden. Aber das wäre auch noch mal ein Thema für sich. Familien werden aus der Stadt gedrängt, weil die Mieten für sie nicht mehr erschwinglich sind. Wer sind die Nächsten? Und wer oder was bleibt dann übrig?
Das war eben das, was Leipzig anfangs für mich ausgemacht hat. Die grünen Inseln überall, die Diversität, die Familienfreundlichkeit.
Rückblickend: Wie schauen Sie heute als Freiberufliche auf die Corona- und Lockdownzeit?
Es war eine furchtbare, von Zukunftsängsten bestimmte Zeit. Ich habe mich gefragt, ob ich jemals wieder in meinem Beruf arbeiten kann. Das hört sich sicherlich dramatisch an, aber so ging es nicht nur mir. Uns Kunstschaffenden wurde das Gefühl vermittelt, sozial und gesellschaftlich nutzlos zu sein.
Als wieder gespielt wurde …
... war es wundervoll zu sehen und zu spüren, wie dankbar und glücklich auch die Theaterbesucher waren. Und wie viel Zuspruch wir für unsere Arbeit bekamen. Und dass Kunst und Kultur eben doch wichtig und systemrelevant sind. Eine Farce hingegen sind (ebenfalls nicht nur für mich) die November- und Dezemberhilfen und die Rückzahlung eben dieser „Hilfen“. Da kommt man ins Grübeln, ob man sich für die Zeit nicht doch hätte arbeitslos melden sollen, denn das wäre weniger existenzbedrohend gewesen. Das wurde in Nordrhein-Westfalen beispielsweise besser, beziehungsweise gerechter geregelt.
Text: Mathias Schulze