Extrawurst, ab 30. April, alle Spielstätten und Termine unter www.apron.de
„Extrawurst“ heißt der neueste Streich des freien Theaters Apron. Für das Stück hat sich Alexander Terhorst noch einmal den Regie-Hut aufgesetzt. Und die Schauspielerin Katja Röder ist auch mit von der Partie. Mathias Schulze hat bei Röder nachgefragt
Hallo, Katja Röder, „Extrawurst“ soll ja eine rasante Satire sein. Wo geht denn die Reise hin?
Für mich geht es in dem Stück vor allem um die Themen Demokratie und Rassismus – wobei dabei nicht die offene Diskriminierung von Minderheiten in unserer Gesellschaft gemeint ist, sondern viel mehr die Vorurteile und der Alltagsrassismus, der in den meisten von uns – wenn nicht gar in uns allen – schlummert. Das Stück bringt die agierenden Figuren dazu, genau diese Vorurteile auszusprechen. Teilweise gewollt und aus voller Überzeugung, teilweise ganz ungeschickt und sich selbst nicht im Klaren darüber, was sie da eigentlich reden. Das Stück lädt das Publikum dazu ein, an der Vereinssitzung eines Tennisclubs teilzunehmen, die aus dem Ruder läuft. Anlass dafür ist der Vorschlag einen Extragrill für diejenigen Clubmitglieder anzuschaffen, die aus religiösen Gründen kein Schweinefleisch essen dürfen. Konkret betrifft das in diesem Verein ein einziges Mitglied: Erol.
Und dieser Vorschlag …
... setzt eine Diskussion über Tradition und Integration in Gang. Von „Damit könnten wir doch zeigen, dass wir was für Integration tun, grad in diesen Zeiten!“ über „Ich will keinen Moslemgrill!“ zu „Ich will mir meinen Club nicht wegnehmen lassen“ sind alle Meinungen vertreten. Das Stück arbeitet mit Überhöhungen und einer ordentlichen Portion Ironie und Sarkasmus, wobei einem das Lachen oftmals ganz schön im Halse stecken bleibt. Während es ja nur um einen Grill eines kleines Tennisclubs geht, bildet der Abend viel größere gesamtgesellschaftliche Themenkomplexe ab. In einer Zeit, in der gesellschaftliche Spaltungen und Vorurteile zunehmen, bietet das Stück einen Raum für Reflexion und Diskussion.
Steht das Stück in der Tradition des Apron-Sommertheaters? Auf den ersten Blick wirkt es so.
Unser Sommertheater legt Wert auf Unterhaltung und Humor, immer mit einer Prise Lokalkolorit. Tiefgreifenderes wird eher nebenbei touchiert. Bei „Extrawurst“ geht es auch humorvoll zu. Darüber hinaus werden aber komplexe und ernstere Themen bearbeitet: Was bedeutet Integration, wie kann sie funktionieren? Welche Vorurteile schlummern in uns? Inwiefern stellen wir uns über andere Kulturen, Religionen und Überzeugungen? Was ist Respekt, Akzeptanz und Toleranz? Wo ist die Grenze zwischen „Man wird ja wohl noch seine Meinung sagen dürfen“ und offener Diskriminierung?
Alexander Terhorst …
… hat in den vergangenen elf Jahren die Regie des Sommertheaters im Moritzburg-Graben übernommen und ich wage zu behaupten, dass er einen eigenen RegieStil und eine Ästhetik entwickelt hat, der durchaus auch in unserer Inszenierung von „Extrawurst“ wiederzuerkennen ist. Allerdings gibt es auch große Unterschiede zum Sommertheater. Der grundlegendste ist vermutlich, dass das Stück nicht aus seiner stammt, sondern von Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakob.
Das Stück soll an verschiedenen Spielorten in Halle und Sachsen-Anhalt zu erleben sein. Warum?
Ja, wir haben uns dazu entschieden, das Stück an verschiedenen Orten zu zeigen. Dabei wollen wir sowohl die uns bereits bekannten Orte wie die „Freie Spielstätte“ in der Kardinal-Albrecht-Straße und den Moritzburg-Graben bespielen, aber auch neue Spielorte erschließen und damit im besten Fall auch anderes Publikum ansprechen. Raus aus der Innenstadt und auch in die Randbezirke von Halle. Dadurch, dass das Stück eine Vereinssitzung zeigt, erscheint es uns passend, es auch in kleineren Räumlichkeiten zu spielen, in denen eine intimere Atmosphäre erzeugt werden kann. Beispielsweise in Vereinsräumen von Sportclubs oder in Kleingartenanlagen. Wir hoffen, so auch nochmal anders in den Dialog mit unserem Publikum treten zu können.
Was ist für Sie der größte Reiz an der Schauspielerei?
Ich liebe es, mich in verschiedene Figuren und Charaktere einzuarbeiten. Sozusagen von innen heraus zu erfahren, wie unterschiedlich Menschen, Lebensrealitäten und Sichtweisen sind. Es hat für mich viel mit Empathie zu tun, und auch damit, eigene Facetten zu entdecken. Ich mag es, mich körperlich auszutoben, und gemeinsam innerhalb eines Ensembles etwas zu erschaffen. Zu erleben, wie etwas entsteht, wächst, sich verändert, ineinandergreift und schließlich auf die Bühne gebracht und damit gewissermaßen „geboren“ wird. Außerdem mag ich es, dass Theater – genauso wie andere Kunstformen – etwas bewegen kann. Theater bringt die Menschen zum fühlen, lachen, weinen und nachdenken. Es erweitert unseren Horizont. Es bringt uns dazu, eigene Herangehensweisen und Meinungen zu hinterfragen und zu reflektieren und darüber in Dialog zu treten.
Text: Mathias Schulze