Halbpension mit Leiche, 1. Juli bis 28. August, Graben der Moritzburg, jeweils 19 Uhr, Termine: www.apron.de
Ab 1. Juli ist es wieder soweit. Das alljährliche Freiluftspektakel vom Theater Apron startet im Graben der Moritzburg. „Halbpension mit Leiche“ heißt das neue Werk. Was ist das Besondere? Was begründet die Erfolgsgeschichte des Sommertheaters? Apron-Vorstand und Schauspieler Matthias Rohrschneider steht Rede und Antwort
Hallo Matthias Rohrschneider, Aprons Sommertheater hat ohne Zweifel etwas Einzigartiges in Halle geschafft: Eine Mischung aus Sozialkritik, knalliger Satire und lauschigem Plätzchen bringt Jahr für Jahr die unterschiedlichsten Leute zusammen. Sie sind seit 2013 dabei. Hätten Sie damals so eine Erfolgsgeschichte für möglich gehalten?
Ja! Natürlich! (lacht)
Aha.
In den Jahren vor 2013 hatte der Verein „Apron“ oft andere Stücke im Burggraben aufgeführt: klassischer, vielleicht auch anspruchsvoller. Aber dann reifte im Ensemble die Erkenntnis, das Sommertheater noch komödiantischer sein darf! Dabei natürlich lokal und regional. Ohne die Stadt Halle, das Leben und die Probleme hier zu vergessen. Und das kam und kommt gut an. Außerdem haben wir mit Alexander Terhorst seit Jahren nicht nur einen wunderbaren Stücke-Autoren, sondern zugleich auch noch einen Regisseur, der die Sprache der Hallenser spricht und trifft.
Erzählen Sie mal von den Anfängen.
Unser erstes Stück im Burggraben war „Geld macht sexy“ – das war 1999. Regie führte Apron- Gründer Volker Dietzel. Da kamen im Schnitt runde 40 bis 80 Zuschauer. Das hat sich dann mit der neuen Stückauswahl und unseren skurrilen Eigenproduktionen immer mehr gesteigert. Ich erinnere beispielsweise an „Strippen für den Frieden“ (2016) – ein Stück über ostdeutsche Buna-Chemiearbeiter, die in den Westen reisen dürfen, wenn Sie bei einem Kulturauftritt in Bonn strippen. 2017 gab es die Mediensatire „Mord im MDR“, 2020 „Liebe. Laube. Gartenzwerg“.
Habe ich alle gesehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass immer alles reibungslos lief: Mit welchen Schwierigkeiten, fernab der Pandemie, hatten oder haben Sie zu kämpfen?
Während einer Vorstellung hat mal ein Unbekannter eine Bierflasche von oben in den Burggraben geworfen. Wir mussten deshalb ein Ensemble-Mitglied zum Sicherheitsmann bestimmen – Danke Franky! Es gab Hubschrauberüberflüge, bei denen kein einziges Wort auf der Bühne zu verstehen war, heftigen Wind, der ein Banner abriss und eine Zuschauerin verletzte. Unsere Nebelmaschine hat mal versehentlich den automatischen Alarm ausgelöst, die Feuerwehr glaubte an einen Großbrand in der Moritzburg und konnte gerade noch gestoppt werden. Und Regen gab es oft, einmal eine regelrechte Sturzflut, die den Burggraben unter Wasser setzte. Und übrigens liebe Grüße an die Oper (lacht). Wenn oben in der Moritzburg die Oper zeitgleich mit einem Auftritt gastiert, gibt es manchmal Befürchtungen vor Ruhestörungen, weil das Apron-Publikum beim Sommertheater unten im Burggraben so laut lacht und klatscht.
Wie erklären Sie sich eigentlich den Erfolg des Sommertheaters?
Es ist das Gesamtpaket, das wir glücklicherweise anbieten können. Der Burggraben als zentraler und auch romantischer Spielort. Herrlich, dort im Sommer mit Wein oder Bier zu sitzen und lachen und weinen zu dürfen. Dazu kommen unsere Stücke, die ja immer auch jede Menge Lokalkolorit zu bieten haben. Apron ist ein gutes Team. Mit guten, eigenen Ideen. Einfach ein starkes Ensemble, nicht nur auf der Bühne, sondern auch beim Aufbau vor dem Auftritt. Jeder muss Flyer und Plakate verteilen, einrichten, saubermachen, Zuschauer begrüßen. Das Herzblut, die Energie, die Spielfreude: das spüren die Leute und kommen jedes Jahr wieder. Die Begeisterung spüren wir beispielsweise auch, wenn es mitten in der Aufführung anfängt zu regnen. Die Schauspieler waren schon oft soweit, dass sie abbrechen wollten. Dann kam aus dem Publikum überraschenderweise immer das klare und gut gelaunte Signal, dass wir weitermachen sollen. Und das machen wir dann auch! Meistens!
Wie laufen die Vorbereitungen für dieses Jahr im Speziellen ab? Worauf darf man sich ab Juli freuen?
Wir haben in diesem Jahr ein wirklich besonderes Stück. Geschrieben von insgesamt acht deutschen Krimi-Autoren, darunter der Hallenser Peter Godazgar. In „Halbpension mit Leiche“ geht es um fünf ehemalige Mörder, die zusammen nach Therapie und Selbsthilfegruppe ein Hotel aufmachen. In der Komödie kommt einiges zusammen, was eigentlich nicht zusammen gehört. Die Zuschauer werden überrascht sein: Der Burggraben wird umgebaut. Die Bühne bekommt eine Segelüberdachung und eine neue Holzverkleidung. Bei aller Ungewissheit, wie viele Zuschauer in diesem Jahr in den Burggraben kommen dürfen, proben wir schon fleißig online – das ist eine spezielle Herausforderung, aber machbar. Wir freuen uns sehr, dass es endlich losgeht.
Text: Mathias Schulze