Iolanta, am 7. und 13. November um 17 Uhr, am 28. November um 16 Uhr; 3. Sinfoniekonzert mit Musik von Gabriel Fauré, Wolfgang Amadeus Mozart, Guillaume Connesson und Peter Tschaikowski, 25. und 26. November, Anhaltisches Theater Dessau, jeweils 19.30 Uhr, alle Termine: www.anhaltisches-theater.de
Bei Tschaikowskis Oper „Iolanta“ in Dessau hat er die musikalische Leitung inne, beim „3. Sinfoniekonzert“ ebenso: Markus L. Frank. Frank ist der Generalmusikdirektor des Anhaltischen Theaters und Chefdirigent der Anhaltischen Philharmonie Dessau. Im Interview spricht er über seinen Job und die Droge Musik
Sind Sie, als Dirigent, während eines Konzertes der Chef der Anhaltischen Philharmonie?
Die Zeiten des autoritären Dirigententyps sind vorbei. Die Musiker heute sind super ausgebildet, sie können und wollen auch selbst gestalten. So gebe ich als Dirigent zwar die Linie vor, muss aber immer auch einen Freiraum lassen. Da ich selbst einmal Orchestermusiker war, kann ich das gut nachempfinden.
Warum sind Sie Dirigent geworden? Und nicht Hornist, also Orchestermusiker, geblieben?
Studiert habe ich beides. Und als ich im Orchester nicht nur positive Erfahrungen gemacht hatte, habe ich den Seitenwechsel gewagt.
Was waren das für Erfahrungen?
Das Musizieren im Orchester kann unglaublich erfüllend sein. Aber im dichten Nebeneinander, meist über mehrere Stunden hinweg, kann es auch zu Spannungen kommen. Das kollegiale Miteinander hat hier eine besondere Bedeutung. Vieles spielt sich im Unterbewussten ab, sie können das möglicherweise gar nicht mal in Worte fassen. Bei mir hat es damals einfach nicht gepasst, vielleicht war ich noch zu jung. Ich bewundere die vielen Orchestermusiker, die ihren Job über Jahrzehnte mit Lust und Leidenschaft ausleben.
Als Dirigent können Sie sich diesen Spannungen entziehen?
Ich sehe mich als Vermittler zwischen Publikum und Orchester. Das Orchester ist mein Instrument. Mit psychologischem Gespür versuche ich, Energien so zu bündeln, dass sie sich in der Musik entladen können.
Haben Sie eine Philosophie des Dirigierens?
Ich stelle mir immer vor, wie ein Stück in der jeweiligen Entstehungszeit auf das Publikum gewirkt hat. Welche Emotionen hat der Komponist geschürt? Wie schaffe ich das heute? Das heutige Publikum hat eine andere musikalische Prägung, deswegen muss ich auch manchmal den Charakter ändern, um den gleichen Effekt zu erreichen.
Ein Beispiel?
Wenn ich etwa, wie Joseph Haydn damals, das Publikum überraschen möchte, muss ich heute deutlich überzeichnen.
Wie geht es Ihnen nach einem guten Konzert?
Es dauert Stunden, bis ich wieder runtergekommen bin. Während des Musizierens bin ich wie in einer anderen Welt. Die Kraft, die in der Interaktion zwischen Musizierenden und dem Publikum entsteht, kann unglaublich beseelen.
Das ist eine Droge?!
Aber ohne negative Nebenwirkungen! Es hebt den Geist auf eine andere Ebene, man ist ein Stück weit entrückt. Den Zuhörern geht es hoffentlich genauso.
Hören Sie auch Popmusik?
Bei uns läuft nie Musik im Hintergrund. Zu Hause spiele ich gerne Klavier. Dafür brauche ich, ebenso wie vor dem Orchester, ein frisches Ohr. Es ist wie beim Kaffee: Der erste Schluck schmeckt am besten.
Wohnen Sie in Dessau?
Ja, mit der ganzen Familie.
Sie sind im Südwesten Deutschlands geboren. Fühlen Sie sich hier mittlerweile heimisch?
Heimat ist für mich da, wo man mit lieben Menschen zusammen ist, wo man sich verwirklichen kann. Ich habe das Gefühl, dass ich mich mit der Anhaltischen Philharmonie, die einen wunderbar satten und warmen Klang hat, sehr gut verstehe. Ich bin gerne hier!
Im Vergleich zum Südwesten: Was ist in Dessau anders?
Die Luft, das Licht, die Menschen, die Sprache. Das gilt auch innerhalb der alten Bundesländer, im Norden ist es anders als im Süden.
Spüren Sie West-Ost-Unterschiede?
Im Südwesten hat man die Wirren der Wende, die Härten und Existenzsorgen, nicht erlebt. Dort spüre ich eine größere Gelassenheit und Lebenssicherheit. Hier wirken viele Menschen weniger zuversichtlich. Das ist eine tolle Aufgabe für uns Musiker: Die Menschen begeistern und so für positive Erlebnisse sorgen!
Text: Mathias Schulze