Eine, die sich mit Glück und Unglück auskennt, ist die hallesche Pfarrerin Hanna Manser. Manser, 1952 in der Altmark geboren, hat viele Brautpaare mit ihrem Segen bedacht, Kinder übers Taufbecken gehalten und Trauernden beigestanden. Auf der Suche nach einem Ausblick für 2021 treffen wir sie auf eine Tasse Kaffee.
Frau Manser, mit welchen Gedanken blicken Sie auf das neue Jahr?
„Also ich bin ein Typ, der nimmt sich gern was vor, und zwar nichts Großes. Die letzten Monate mit dem Haupt-Thema, der Pandemie, haben mich gelehrt: Nicht meckern! Aber Stöhnen ist schon wichtig, um Luft abzulassen. Keine Schuldzuweisungen und Gesprächen nicht ausweichen.“
Und was nehmen Sie sich vor?
„Bewegung und Begegnung. Wenn es sich ergibt, nutze ich die Gelegenheit und spreche Leute an, auch wenn ich sie nicht kenne, an der Straßenbahn-Haltestelle oder vor einem Geschäft. Selten findet das jemand blöd. Manchmal muss ich mir innerlich einen Schubs geben, doch ich habe die Erfahrung gemacht: Es ist einfach nett und ich komme munterer nach Hause, als wenn ich geschwiegen und meinen Gedanken nachgehangen hätte. Inzwischen habe ich ein Gespür dafür, wer für einen kleinen Smal Talk offen ist. Es muss ja nicht ausgiebig sein, aber ich will bei mir selbst spüren, dass die Anderen da sind und wir ja in der Stadt zusammengehören.“
Gab es auch einen besonderen Moment?
Besonders war für mich die Begegnung mit einem 13-Jährigen als wir die Einzigen auf dem Bahnsteig waren. Der Zug ließ auf sich warten und wir kamen vom Wetter auf Sylvesterknaller und auch noch auf die Schule zu sprechen. Als der Zug kam, stieg jeder in ein anderes Abteil mit dem Gefühl: Es war einfach nett.“
Text: FRIZZ Das Magazin / Annett Krake