Kumara Soulfood, aktuelle Öffnungszeiten: www.kumara-soulfood.de
Gut und fein – das „Kumara Soulfood“ von Anne Bethmann und Thomas Lenzen in der August-Bebel-Straße zählt längst zur festen Größe der hiesigen Qualitätsrestaurants. Verarbeitet werden nur biologisch und regional-saisonale Zutaten. Ein Porträt
„Halle ist ein echt muscheliger Platz.“ Anne Bethmann, Jahrgang 1978, muss kurz schmunzeln, sie überlegt: Gibt es das Wort „muschelig“? Und ist es geeignet, eine Stadt zu beschreiben? Wenn man der studierten Künstlerin und heutigen Restaurantbetreiberin ein wenig zuhört, versteht man den Sinn ihrer Aussage. Doch der Reihe nach.
Alles begann mit einer Ausreise, 1985 sind Bethmanns Eltern aus der DDR geflohen. Der Vater war und ist Musiker, damals wollte er reisen, die Welt sehen – und nicht von der Stasi bespitzelt werden. Also lernte Bethmann im Alter von sieben Jahren eine neue Heimat kennen. Im Westen der Republik, in Aachen, ging sie fortan zur Schule, später studierte sie in Maastricht Freie Kunst. Eine bis heute prägende Begegnung gab es aber schon in Aachen: Bethmann war noch ein Kind, als sie dort ihren heutigen Mann Thomas Lenzen, Jahrgang 1977, kennenlernte. Heute haben sie zwei Kinder, heute betreiben sie zusammen das „Kumara Soulfood“ in Halle.
Bethmann erzählt: „Der Kontakt nach Halle ist nie abgerissen. Immer wenn ich als Kind hier war, fühlte ich meine Wurzeln. Hier waren und sind die Verwandten und Freunde.“ Das war nicht der einzige Grund, warum sie 2004 wieder zurück in die Saalestadt zog. „Ich liebe die alternative Szene in Halle, aus dem noch nicht Fertigen, noch nicht so Geleckten ist viel Kreatives gewachsen“, sagt Bethmann, die vom Sommer-Charme der Saale und von Konzerten im „Objekt5“ schwärmt.
Anfangs versuchte sie in Halles Kunst- und Kulturszene Fuß zu fassen und sich etwas aufzubauen. Bethmann, die heute auch Yoga- Unterricht im Yoga-Atelier Halle gibt, wurde Selbstständige. Sie hat fotografiert, im Atelier gearbeitet und für Zeitungen und Zeitschriften geschrieben. Ihr Mann Thomas Lenzen, ein ausgebildeter Koch, sah aber in seiner damaligen Anstellung keine Zukunftsperspektive. Er ließ sich von Bethmann inspirieren, so versuchte er es dann auch mit eigenen Projekten. Nach fast 20 Jahren war es für ihn damals Zeit für etwas Neues, für etwas ganz Eigenes.
2012 war es dann soweit: Am Steintor-Varieté eröffnete das „Kumara Soulfood“. Lenzen konnte sich am Herd nach Belieben austoben, es gab bunte und ausschließlich biologische Küche. Ein durchschlagender Erfolg, das kleine Restaurant mit zehn Plätzen am Steintor-Varieté hatte schnell viele Freunde. Und größere Räumlichkeiten waren nach gut zweieinhalb Jahren auch bald gefunden.
Also eröffnete 2015 das „Kumara- Soulfood organic Restaurant“ mit 26 Sitzplätzen in der August- Bebel-Str. 18. Die Philosophie ist einzigartig in Halle. Bethmann, die heute für die Leitung des Restaurants und für alles Kreative und die Ideenentwicklung zuständig ist, lässt vier Begriffe fallen: „Bei uns geht es um Nachhaltigkeit, Genuss, Kreativität und Authentizität.“ Verarbeitet werden nur biologische Lebensmittel, die aus regionalem oder saisonalem Anbau kommen. Man legt Wert auf nachhaltige Verpackungen, seit 2012 kochen Bethmann und Lenzen nur mit Ökostrom. „Durch unsere konsequente Nachhaltigkeit machen wir zwar weniger Gewinn als andere Gastronomen, aber anders wollen wir es nicht machen“, sagt Bethmann.
Die Speisekarte ist ein Potpourri aus langjährigen Erfahrungen. Lenzen kann hier seiner Fantasie und seinen sizilianischen Wurzeln freien Lauf lassen. Bethmann lacht: „Mein Mann ist mit dem Kochlöffel groß geworden. Er beherrscht sein Handwerk und hat den Anspruch, kontinuierlich gute, feine Qualität abzuliefern. Bei uns gibt es das, was uns auch schmeckt.“ Alle vier bis sechs Wochen wird zusammen mit einem Gastkoch ein Mehrgangmenü ausgerichtet, ab und an spielt eine Band im Restaurant.
Bethmann betont noch einen ganz wesentlichen Aspekt: „Nachhaltig versuchen wir auch mit unseren eigenen Ressourcen umzugehen, wir haben uns bewusst für unsere Öffnungszeiten entschieden, um auch Pausen zu haben.“ Also hat man „nur“ von Montag bis Freitag, von 11 bis 15 Uhr, und am Freitagabend von 18 bis 22 Uhr sowie alle vier bis sechs Wochen am Samstag für einen Menüabend geöffnet. Bethmann erklärt: „Thomas war seit 2015 tatsächlich noch nie richtig krank, mit diesen Öffnungszeiten haben wir Zeit für uns, für die Kinder und für die Kreativität.“
Eine bezeichnende Szene soll nicht unerwähnt sein: Da gab es diese Hamburger Touristen, denen es offensichtlich gut schmeckte. Also schlugen sie vor, dass es doch auch im Norden Deutschlands ein „Kumara“ geben könnte. Bethmann, im vollen Bewusstsein ihres gefundenen Glückes, antwortete: „Innerhalb Deutschlands wollen wir nicht umziehen. Hier, in Halle, können wir unsere Wünsche umsetzen, hier bin ich verwurzelt.“ Rund ums „Kumara“, mitten in der Saale-Stadt, haben sich Bethmann und Lenzen eigenständig und kreativ verwirklicht. Hört man ihre Geschichte, weiß man endlich, was es bedeutet, einen „muscheligen“ Platz gefunden zu haben.
Text: Mathias Schulze