Aprons Sommertheater „Halbpension mit Leiche“, 1. Juli bis 28. August, Moritzburg- Graben, Tickets: apron.de; „Mordsspaß – Kurz & tot“, 6. August, Hof des neuen theaters, 15 und 20 Uhr, Tickets: cultoursommer.de
Der 15. Cultoursommer im Hof des Neuen Theaters, der vom vom 21. Juli bis 21. August stattfinden wird, begrüßt am 6. August die Krimi-Autoren Peter Godazgar und Ralf Kramp. „Mordsspaß – Kurz & tot“ heißt das Programm. Zudem ist Godazgar bei Aprons Sommertheater involviert, wie er im FRIZZ-Gespräch verrät
Hallo Peter Godazgar, Sie haben beim diesjährigen Apron-Sommertheater namens „Halbpension mit Leiche“ Ihre Finger im Spiel?
Ich habe insoweit die Finger im Spiel, als dass ich beim Verfassen des Textes die Finger im Spiel hatte, nämlich als einer der acht Autoren des Stücks: Neben anderen war mein Freund Ralf Kramp dabei, mit dem ich oft zusammen lese. Oder auch Carsten Sebastian Henn, der aktuell mit seinem „Buchspazierer“ seit Wochen in der Spiegel-Bestsellerliste steht, sowie der Wilsberg-Erfinder Jürgen Kehrer. „Halbpension mit Leiche“ ist bereits das dritte Ergebnis des „Krimi-Camps“.
Ein Krimi-Camp?
Dabei treffen sich acht Krimi- Kollegen acht Tage lang in einem abgeschiedenen Haus, um am Ende einen kompletten Roman oder, in diesem Fall, ein Theaterstück geschrieben zu haben.
Acht Kollegen schreiben gemeinsam an einem Buch? Autoren sind Individualisten.
Das ist auch so. Aber wir kannten uns vorher schon gut und wussten, wie wir jeweils ticken. Dass es am Ende so gut geklappt hat, hat uns natürlich trotzdem gefreut. Die Schreibwoche ist immer sehr anstrengend, aber auch sehr beglückend. Und der große Vorteil: Bei acht Leuten hat immer irgendjemand eine Idee, wenn man inhaltlich in eine Sackgasse geraten ist.
Sie sagten, es gab bereits drei derartige Krimi-Camps?
Ja, und bei diesen drei Treffen sind bislang zwei Romane – „8“ und „Acht Leichen zum Dessert“ – und eben ein Theaterstück entstanden: „Halbpension mit Leiche“ kam kurz vor Corona heraus und war da schon ein großer Erfolg. Es wurde von drei Dutzend Theatergruppen in Deutschland, Österreich und kurioserweise auch in Estland aufgeführt. Dann kam leider die Pandemie. Umso mehr freue ich mich, dass das Stück bald auch in meiner Heimatstadt Halle auf die Bühne kommt. Wenn’s klappt, werden dann auch alle Autorinnen und Autoren bei der Premiere dabei sein. Ich bin wirklich gespannt auf die Inszenierung. Da es mein erstes Theaterstück ist, war mir vorher gar nicht klar, wie verschieden ein Stück am Ende auf der Bühne aussehen kann.
Sie sind gar kein waschechter Hallenser, sondern in Nordrhein-Westfalen geboren. Wie und wann kamen Sie eigentlich in die Saale- Stadt?
Das war 1994. Ich lebe inzwischen länger hier als in meiner alten Heimat. Nach meinem Studium in Aachen hatte ich mich bundesweit bei Zeitungen für ein Volontariat, also für die Ausbildung zum Redakteur, beworben. So kam ich zur Mitteldeutschen Zeitung. Anschließend ging ich kurz nach Hamburg an die Henri-Nannen- Schule, danach wieder zur MZ, diesmal nach Wittenberg. Nach Halle gezogen bin ich im Jahr 1998.
Wie waren Ihre ersten Eindrücke? Haben sie sich bestätigt?
Ich war vor allem fasziniert. Zu DDR-Zeiten war ich nie „im Osten“ gewesen, hatte auch keine Verwandten hier. Für mich waren die damals sogenannten neuen Länder eine komplett weiße Fläche. Als Journalist konnte ich natürlich schnell tief eintauchen ins städtische Leben. Inzwischen gehöre ich, wie die meisten Zugezogenen, zu den absoluten Halle-Fans. Ich fand die Stadt von Anfang an toll, es gibt wenig vergleichbare Städte dieser Größe, die eine solche Lebensqualität bieten.
Macht man sich über Ihr bevorzugtes Genre Gedanken, dann fällt auf, dass es keinen Abend gibt, an dem nicht irgendein Krimi im TV ausgestrahlt wird. Warum ist das so? Erkennen Sie eine Übersättigung?
Oha, dünnes Eis! Verraten Sie es bitte nicht, aber ich gucke keine Krimis, jedenfalls nicht im klassischen Fernsehen. Aus der Ferne erkenne ich eindeutig eine Übersättigung. Hinzu kommt eine permanente Steigerung der Brutalität, die ich teilweise wirklich grotesk finde. Ich habe das mal in einem Kurzkrimi persifliert: Da muss ein schwedischer Super-Kommissar den berüchtigten Nilpferdkiller jagen. Der heißt so, weil er seinen Opfern (bislang 239) den Kopf abtrennt und ihn durch einen Nilpferdschädel ersetzt.
Oha!
Bei einem Kurzurlaub in Deutschland rettet der Super- Kommissar dann eine Oma vor vier Nazis, bringt einen Ladendieb zur Strecke und klärt einen Terroranschlag in Berlin. Ich warte aber leider immer noch, dass Netflix den Stoff entdeckt.
Auf Ihrer Homepage steht, dass Sie regelmäßig in Schulklassen übers Krimi-Schreiben referieren. Gibt es dort eine Frage, die besonders häufig gestellt wird?
Auf großes Interesse stößt das Thema Geld, also die Frage: Kann man vom Schreiben leben? Diesen Zahn ziehe ich den Schülern gern. Vom Schreiben können die allerwenigsten leben – wer es schafft, kann sich glücklich schätzen. Vor diesem Hintergrund gehört die irre Erfolgsgeschichte meines lieben Kollegen Stephan Ludwig ohne Frage zu den erstaunlichsten Karrieren der Buchbranche.
Demnächst treten Sie wieder selbst auf, mit dem bereits erwähnten Ralf Kramp. Warum sollte man sich den „Mordsspaß“ nicht entgehen lassen?
Weil es die lustigste Lesung des Jahres wird. Ralf Kramp und ich lesen unsere Kurzkrimis mit verteilten Rollen. Weil die Veranstaltung coronabedingt nun schon zwei Mal verschoben wurde, scharren Ralf und ich aber so was von mit den Hufen, endlich wieder gemeinsam in Halle aufzutreten. Wir planen 25 Prozent mehr Gags. Nicht schlecht, oder?
Text: Mathias Schulze