16. Internationales Women in Jazz-Festival, 7. bis 15. Mai, Halle und Umgebung, www.womeninjazz.de
Der Vorverkauf für das 16. Internationale Women in Jazz-Festival (WIJ) vom 7. bis 15. Mai in Halle und Umgebung ist am 24. Februar gestartet. Grund genug, bei Festival-Impresario Ulf Herden nachzufragen
Hallo Ulf Herden, würden Sie sich angesichts der Tatsache, dass Sie im Februar den Kartenvorverkauf für das 16. Women in Jazz-Festival starten, als mutig, hoffnungsvoll oder wagemutig bezeichnen? Oder brauchen wir noch eine vierte Beschreibung?
Hoffnungsvoll ist schon eine gute Beschreibung für diesen Neustart, der aber auch ganz bewusst erfolgt. Wir können nicht warten, bis die Pandemie endgültig besiegt ist. Künstlerinnen und Publikum müssen sich wieder direkt begegnen können. Auch, wenn es in unserem Fall wohl noch mit Maske und Abstandshaltung verbunden sein muss. Aus meiner Sicht kann das digitale Musikerlebnis auf Dauer nicht ausreichen. Ich bin auch so hoffnungsvoll, dass im Mai das Publikum unser Angebot annehmen wird.
Sie sind Konzertveranstalter. Und sind Sie auch zufrieden mit den politischen Lösungen inmitten der Pandemie? Wie geht es dem Cultour-Büro? Sind die Hilfen angekommen?
Ich muss an die Beantwortung dieser Frage differenziert herangehen. Die politischen Lösungen waren immer Lösungen „auf Sicht“. Man hat im Nachhinein den Eindruck, dass die Statements von Politikern durch die Pandemie ad absurdum geführt wurden. Allerdings sind die Prioritäten bei politischen Entscheidungen sehr deutlich geworden. Die Erfordernisse, aber auch die Möglichkeiten im Bereich Bildung, sind nicht erkannt. Gleiches traf lange Zeit auch für die Kultur zu. Finanziell und das kann ich nur aus der Sicht eines Konzertveranstalters feststellen: Stand heute wird der Kultur ausreichend Hilfestellung gegeben.
Zurück zum Women in Jazz-Festival: Wie plant man solche „unsicheren“ Veranstaltungen? Was unterscheidet sich vom üblichen Vorbereitungsablauf?
Das Festival ist keine unsichere Veranstaltung. Nur die Rahmenbedingungen sind schwierig. Das wird bereits in der verspäteten Ankündigung des Festivals deutlich. Traditionell starten wir im November des Vorjahres den Vorverkauf. Jetzt ist es Ende Februar. Gleichfalls ist der Festivalinhalt angepasst. Zum Festival sind europäische Jazzmusikerinnen beziehungsweise Jazzmusikerinnen, die in Europa leben, eingeladen. Zusätzlich dazu sind die Entwicklungen der Pandemie auch in Europa und die Veränderungen durch den Brexit – Visapflicht für Künstlerinnen – zu beachten.
Daraus folgt?
Es ist gerade jetzt unerlässlich, auf langjährige Partnerschaften setzen zu können. Im eigenen Team, in der Zusammenarbeit mit den Künstlerinnen und Künstleragenturen, mit den Sponsoren und Förderern und in der medialen Begleitung. Ich denke auch, dass wir uns auf das Interesse unseres Publikums verlassen können.
Können Sie ein paar Gäste nennen?
Ich bin mir sicher, dass wir mit den Jazzmusikerinnen aus England, Italien, Polen, Dänemark, Norwegen, Schweden, Frankreich, Serbien, Brasilien, Armenien, den USA, Mexiko, Israel und Deutschland ein spannendes Programm bieten. Erstmals eingeladen sind beispielsweise Roberta Gamberini, Sona Jobarteh, Camilla George, Amina Figarova, Awa Ly sowie Rachel Hermlin, June Coco und Caro Josée. Gleichfalls sind Künstlerinnen eingeladen, die 2020 ihr Festivalkonzert absagen mussten – Viviane de Farias, Silje Nergaard und Cæcilie Norby. Letztere, die mehrfach preisgekrönte Sängerin und Pianistin, kommt mit den Stars der skandinavischen Jazz- Szene Ulf Wakenius und Lars Danielson nach Halle.
Schon jetzt fällt auf, dass dieses Jahr wieder viele junge Musikerinnen einbezogen werden. Boomt der Jazz gerade besonders?
Die weibliche Jazz-Szene hat sich in den letzten fünfzehn Jahren rasant entwickelt. Ausgangspunkt dafür ist der Wunsch vieler jungen Künstlerinnen, ihr Interesse für den Jazz zum Beruf werden zu lassen. Das hat zu einem Run auf die Musikhochschulen geführt. Entstanden ist eine junge, kreative, weibliche Jazz-Szene, die in der Lage und bereit ist, ihre eigenen Ideen auch umzusetzen. Letztes Jahr machte das WIJ dieser jungen weiblichen Jazzszene unter dem Slogan „Next Generation“ das Angebot, sich zu präsentieren – im Konzert und in einem virtuellen Wettbewerb. Zu empfehlen sind hier unbedingt die polnische Saxofonistin Marta Wajdzik und natürlich die beiden Gewinnerinnen unseres Wettbewerbes „Next Generation Virtuell 2020“: Izabella Effenberg und Nora Benamara.
Text: Mathias Schulze