Eric Fish & Friends, 16. September, Objekt 5, 20 Uhr
Eric Fish, Jahrgang 1969, ist der Frontmann der Band Subway to Sally. Am 1. September bringt er zusammen mit Freunden (Gerit Hecht, Rainer Michalek, Friedemann Mäthger) das Album „Untiefen“ heraus. Am 16. September wird die Scheibe dann im Objekt 5 präsentiert.Versprochen ist eine schonungslose Aufarbeitung der gesellschaftlichen Situation, die den Menschen und seine prägende Umgebung in spartanisch gehaltener Liedermachermanier betrachten will. „Untiefen“ präsentiert 14 Songs, die einen humanistischen und pazifistischen Ansatz zum Ausdruck bringen wollen. Die Songs kommen rockig und rhythmisch daher, romantische Akustik-Gitarren-Parts inklusive. Wir haben Eric Fish zum Gespräch gebeten
Hallo, Eric, fangen wir erst einmal ganz banal und dennoch entscheidend an: Wie geht es Ihnen? Wo leben Sie heute?
Danke der Nachfrage! Ich würde salomonisch antworten: Den Umständen entsprechend gut. Das, was zweieinhalb Jahre zwangsläufig brachgelegen hat, wird nun mit Macht aufgeholt, so dass es manchmal schon zu viel des Guten zu sein scheint. Ich lebe seit über dreißig Jahren in einer schönen Gegend vor den südlichen Toren Berlins – und bin glücklich dort.
Wikipedia verzeichnet, dass Sie 1988 im DDR-Endausscheid der Nachwuchsliedermacher waren. Wer hat damals die Trophäe errungen? Wie haben Sie die Zeit Ende der 80er Jahre erlebt?
Ersteres kann ich nicht beantworten. Dieses Ereignis unterliegt wohl einem Verdrängungsmechanismus. Ich sang damals mit einem Mädchen zusammen, und es klang wohl zauberhaft. Jedoch waren meine Texte grauenhaft. Das wurde mir beinhart klar gemacht. Damals war ich natürlich angep... – aus der heutigen Sicht war jegliche Kritik aber vollkommen berechtigt. Ende der 80er verfolgte ich noch einen normalen Lebensplan. Lehre, Armee, Studium, Frau, Wohnung, Kind, Arbeit. Dieser wurde dann durch die Entscheidung, direkt nach dem Studium Vollzeitmusiker zu werden, gründlich über den Haufen geworfen.
In Ihren ersten zehn Lebensjahren lebten Sie vor den Toren Halles: Was sind das für Erinnerungen? Wie erleben Sie die Stadt Halle heute?
Meine schönste Zeit als Kind. Wir lebten ziemlich solitär außerhalb des Dorfes Seeben auf einem Berg. Obstwiesen, der Hagelsberg, die Ruine der Bergschänke, Freunde, eine Klassenstärke mit 17 Kindern – traumhaft. Ich habe Halle immer gemocht, so ist das wohl mit jeglicher Heimatstadt. Meine gelegentlichen Besuche in Halle machen es mir allerdings schwer, diese Sympathie aufrechtzuerhalten. Halle wirkt, mit Verlaub, wie der schmuddelige, abgehängte kleine Bruder von Leipzig.
Oha, das haben Sie jetzt gesagt. Jeder bildet sich seine Meinung. Und ich lenke mal ab, machen wir ein kleines Gedankenexperiment: Was würden Sie heute machen, wenn Sie 1991 nicht Mitglied bei „Subway to Sally“ geworden wären?
Ich hätte viele Jahre in der geologischen Forschung und Erkundung verbracht und wäre jetzt Bürgermeister der Stadt Königs Wusterhausen.
Die prägendste Erinnerung an die unmittelbare Nachwende-Zeit ist?
Unendliche Weiten. Plötzlich.
Mit „Untiefen“ ist jetzt ein neues Album am Start. Im Pressetext ist notiert, dass es um die „Tendenzen unserer Gesellschaft“ geht. Stellen wir uns dumm: Welche Tendenzen meinen Sie?
Tendenzen, welche vor der Pandemie schon deutlich sichtbar waren, haben sich eben durch diese besondere Zeit verstärkt und beschleunigt. Die Vereinzelung des Menschen, der Bildungsnotstand, die Verflachung der Kultur, die Haltung und Handlungsweisen von politisch Verantwortlichen in Land und Kommunen, Opportunismus, der um sich greift und alles erstickt wie Efeu einen gesunden Baum, Profitmaximierung um jeden Preis. Reicht das?
Ja, sollte reichen. Die Untiefe soll auch als Metapher für Ihre seelischen Abgründe stehen. Helfen Sie uns bitte auf die Sprünge!
Ich möchte als Liedermacher Stimme derjenigen sein, deren Schicksale nicht jeden Tag in der Zeitung stehen. Ich möchte Zuhörern helfen, zu sich selbst zu finden, den Einklang mit der Natur zu finden, bewusst am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und so in kleinen Schritten diese Welt zu einer besseren zu machen. Mit einer gewissen Altersweisheit kann ich sagen: Ich habe genug Facetten des seelischen Aufs und Abs erlebt, um Rat geben zu können.
Warum sollte man das Konzert in Halle nicht verpassen?
Weil „Fish & Friends“ für ein nachhaltiges Erlebnis sorgen werden, weil die Vorband „Kimkoi“ heißt, weil das Objekt 5 ein toller Laden ist, an dem ganz viele meiner Erinnerungen hängen. Weil ein Stück meines Herzens noch immer in Halle ist.
Text: Mathias Schulze