„Halle, 9. Oktober – das Jahr danach“ – in Anwesenheit von Duska Roth, 11. Oktober, Literaturhaus, 19 Uhr, literaturhaus-halle.de
Am 11. Oktober ist im Literaturhaus das Feature „Halle, 9. Oktober – das Jahr danach“ von der freien Journalistin Duška Roth zu hören. Das Ganze wird in Kooperation mit der „Koalition gegen Antisemitismus in Halle“ veranstaltet. Anschließend gibt es eine Gesprächsrunde Am Anfang und am Ende des hörenswerten Features von Duška Roth regnet es, dicke Tropfen prasseln auf die lärmenden Blaulichtsirenen. Die Stimmung ist gedrückt, der Anlass brutal und entsetzlich mörderisch: Es geht um den rechtsextremen Terroranschlag, der am 9. Oktober 2019 Halle erschütterte. „Ich habe lange überlegt, wie ich mich den Ereignissen, die ja direkt vor meiner Haustür stattfanden, journalistisch nähern kann“, sagt Roth. In den Tagen und Wochen nach dem gescheiterten antisemitischen Massenmord in der Synagoge im Paulusviertel, nach dem Töten von zwei unschuldigen Menschen, kamen mediale Berichterstatter aus der ganzen Welt nach Halle, Betroffene wurden teils fanatisch belagert. Roth erzählt: „Ich hatte das ‚Glück‘, dass ich nicht mal kurz reingeflattert bin, dass ich vor Ort war und mir Zeit nehmen konnte.“ Roth wollte keine krasse Story erzählen, keine Zeugen, die nichts damit zu tun hatten, interviewen. Roth wollte keinen voyeuristischen Klick-Journalismus, der Halle als rechte Hochburg hinstellt, bedienen. Diese journalistische Sorgfalt, diese empathisch-zwischenmenschliche Vorsicht merkt man ihrem Feature an. Da erzählen die Betroffenen, die Döner-Imbiss-Mitarbeiter und die Menschen jüdischen Glaubens, die nur ihren höchsten Feiertag „Jom Kippur“ würdig begehen wollten. Da erzählen jene, die unmittelbar vor Ort Todesängste durchleben mussten, die noch heute traumatisiert sind. Da erzählen jene, die sich bei „Halle gegen Rechts“ schon lange gegen Antisemitismus zur Wehr setzen. Roth gelingt es, das Geschehen in einen größeren Kontext zu setzen. Es geht um scheinbar unbegreifliche Radikalisierungen, um das Haus der Identitären Bewegung in Halle, um friedliche Demonstrationen und Farbanschläge, um rechtsextreme Demos auf dem Markt, um die Einschusslöcher in der Büroscheibe des SPDPolitikers Karamba Diaby, um fragwürdige Untersuchungsausschüsse und naive Abwehrmechanismen der Stadtverwaltung, das Versagen des Bundeskriminalamtes inklusive. Roth rekonstruiert die Ereignisse, sie schafft eine berührende Grundlage, um die Stadtgesellschaft in einen (Verarbeitungs)- Dialog zu bringen. Keine Frage, der ist auch heute noch notwendig. Und das wird sich so schnell nicht ändern.