Johanna Summer, 11. Mai, Georgenkirche, Halle,19.30 Uhr, Tickets: www.womeninjazz.de
Johanna Summer, geboren 1995 in Plauen, ging beim letztjährigen Women-in-Jazz-Wettbewerb „Next Generation“ auf Platz zwei ein, was die Jazzpianistin in diesem Jahr nun zu einem offiziellen Festivalgast macht. Mathias Schulze hat mit ihr über die Kunst des Improvisierens, über Michael Jackson und Adrenalin gesprochen
Hallo, Johanna, was ist von Ihnen im Mai in Halle denn zu erwarten?
Ich werde das Programm zu meinem Solo-Debütalbum „Schumann Kaleidoskop“ spielen.
Warum haben Sie dem Komponisten Robert Schumann diese Ehre zuteil werden lassen?
Als Kind hatte ich klassischen Klavierunterricht und kam an seinen Miniaturen aus dem „Album für die Jugend“ und den „Kinderszenen“ nicht vorbei. Ich fand die Stücke schon immer sehr reizvoll – damals noch ohne zu wissen, warum.
Das ist heute anders.
Es sind kurze Stücke von ein bis zwei Minuten. Immer wird ein Augenblick festgehalten, mal sind es Gefühle, mal beobachtete Szenen. Das ist nichts Weltfremdes, man kann sich in diese Momente hineinfühlen. Und damit kann ich wunderbar experimentieren. Je konkreter etwas ist, desto besser kann ich davon abstrahieren.
Was machen Sie da, wenn Sie abstrahieren?
Die Setlist besteht aus den Schumann’schen „Miniaturen“. Und der Rest entsteht während des Spielens. Beim Improvisieren werden Töne oder Rhythmen umformuliert, manchmal entdecke ich beim Spielen eine Facette, die ich ausführe. Oder ich picke mir ein Detail heraus und entwickle daraus etwas Größeres. Während der Konzerte gibt es durchaus Momente, wo ich abbiege und dann auf fremden Terrain bin. Es kann ein winziges Detail sein, das eine neue Tür öffnet. Das klingt bei jedem Konzert anders, von vornherein fest stehen nur die Schumann-Stücke. Ich will mich aber nicht vollkommen von den Originalen entfernen, bei traurigen Sequenzen würde ich nicht enthusiastisch werden. Letztlich fange ich an zu spielen – und der Rest passiert.
Aber es gibt gewisse Rahmenbedingungen, die mitbestimmen, was passiert, oder?
Ja, das Instrument, der Raum und sicherlich ein bisschen auch meine Tagesform. Um mit den Gegebenheiten vertraut zu werden, benötige ich daher ausreichend Zeit vor dem Konzert. Jeder Abend ist anders. Und das ist auch gut so.
Welche musikalischen Vorbilder gibt es noch?
Musikalische Vorbilder gibt es viele. Und das können sie aus verschiedensten Gründen sein. Komponisten wie György Ligeti faszinieren mich, eines meiner ersten Idole war aber sicherlich Michael Jackson.
Sie haben mit sieben Jahren mit dem Klavierunterricht angefangen. War da elterlicher Zwang dabei?
Es ging von mir aus, ich fand das Instrument schön. Aber als Kind habe ich wenig geübt und war nicht wirklich fleißig. Erst später, als ich den Jazz für mich entdeckt habe, nahm mein Interesse daran zu.
Wie sehen Ihre Karrierepläne aus?
Mein Plan ist es, hoffentlich noch viele Konzerte spielen zu können! Da gibt es mein Trio, das Johanna Summer Trio, und ein Quintett mit dem Berliner Saxophonisten Phillip Dornbusch. Und ich spiele noch im Duo mit dem Altsaxofonisten Jakob Manz. Mit ihm ist vor wenigen Wochen ein Album erschienen.
Und Ihre Solo-Projekte nicht zu vergessen.
Da bewege ich mich zwischen Jazz und Klassik, im Herbst soll eine neue Platte kommen, auf der dann verschiedene Stücke von Bach bis Ligeti zugrunde gelegt werden, die ich dann improvisatorisch behandle.
Die Arbeit am Flügel ist hart. Machen Sie extra Sport, um fit zu bleiben? Haben Sie Angst vor dem körperlichen Verschleiß?
Ich mache ein bisschen Sport nebenbei, aber ich hatte zum Glück eine gute klassische Klavierausbildung. Ich habe gelernt, Haltungsschäden zu vermeiden, gelernt, wie man die Handgelenke bewegen sollte, wie ich richtig zu sitzen habe. Die Angst vor körperlichen Verschleiß ist daher gering.
Sie sind 1995 in Plauen geboren. Wie blicken Sie heute auf Ihre Heimat Sachsen? Was hat Sie auf ihren Konzertreisen geprägt?
Die Reisen an sich, nicht unbedingt nur die Konzertreisen, haben meinen Blick auf Deutschland geschärft. Ich habe erfahren, wie gut wir es hier eigentlich haben. Damit meine ich nicht nur die Basics, die Ernährung, die Sicherheit, sondern auch die Möglichkeiten, eine Karriere als Musikerin nachhaltig aufzubauen.
Wie geht es Ihnen nach einem Konzert? Will die Nacht nicht kommen, weil Sie voller Adrenalin sind?
Nach meinen Solo-Konzerten bin ich eher müde und geschafft. Mein Kopf und mein Körper brauchen dann Ruhe, da kommt der Schlaf recht zuverlässig.
Vollenden Sie diesen Satz: „Einen Tag ohne Klavierspielen …
… gibt es für mich nur, wenn ich im Urlaub bin.
Text Mathias Schulze