Keimzeit, 13. Dezember, Leipziger Haus Auensee, 20 Uhr, www.keimzeit.de
„Kling klang, du und ich.“ Wer kennt diese legendären Zeilen nicht? Keimzeit gastieren am 13. Dezember mit ihrem neuen Album „Das Schloss“ im Leipziger Haus Auensee. Grund genug, bei Sänger Norbert Leisegang nachzufragen
Nehmen wir einmal an, Sie wären durch Zufall ein paar Jahre später geboren und heute ein junger Musiker, der sich etablieren möchte. Glauben Sie, dass Sie so etwas wie „Keimzeit“ heute auch auf die Beine stellen könnten?
Ich würde unbedingt wieder eine Band wie „Keimzeit“ gründen. Die Voraussetzungen sind heute natürlich anders, was die Medienarbeit und Vermarktung betrifft. Wichtig ist natürlich, dass man Freunde mit gleichen Zielen und der Liebe zur Musik hat und eine gehörige Portion Glück. Mir war es immer wichtig, durch tolle Songs ein Stück Poesie in die Welt hinauszutragen.
Gerade sind die Feierlichkeiten und Gedenken an 30 Jahre Wende frisch durch alle medialen Kanäle gerauscht. Fehlt Ihnen eine Konnotation?
Gerade zu solchen Zeiten ist die Erinnerung sehr präsent. Immer wenn ein System zu Ende geht, ist es natürlich leichter darauf zu schauen, was alles schlecht war, als wenn man sich gerade in dem System befindet. Viele Illusionen, gerade aus wirtschaftlicher Sicht, wurden zerstört.
Fallen Ihnen auch heute noch künstlerische Rezeptionsunterschiede in Ost und West auf?
Mir fallen immer noch diverse Unterschiede zwischen Ost und West auf, welche ich auch in Songs versuche zu verarbeiten. Ein kleines Beispiel: wenn ich mit ostdeutschen Kollegen zusammenarbeite, begrüßt man sich mit Handschlag. Wenn ich auf westdeutschen Kollegen treffe, dann gibt es meist ein „Hallo“. Und dann muss ich dazu noch anmerken, dass Unterschiede für Künstler immer sehr inspirativ sind.
Ihre Band hat es geschafft, dass viele nach der Neuerscheinung einer neuen Platte folgenden Satz sagen: „Typisch Keimzeit eben.“ Was meinen die Menschen, die so etwas sagen?
Das nehme ich als Kompliment. Dann hat eine Band es geschafft, ihren eigenen Stil gefunden. Sie hat ihre eigene Art von Poesie kreiert und wird immer wiedererkannt.
Auf dem neuen Album „Das Schloss“ gibt es den Song „Stillstand“. Glauben Sie, dass die Kunst in den nächsten Jahren eine „neuartige“ Funktion bekommt? Ein Aufruf zum Innehalten? Ein Gegenmittel zur Hetze des Alltags?
Ich halte die schönen Künste grundsätzlich für visionär und unterhaltend zugleich. Sie haben nicht die Aufgabe, der Gesellschaft Lösungen zu bringen. Das Publikum im Großen, also unser Publikum zumindest, sieht das nicht. Durch ein gutes Konzert und die Unterhaltung dadurch, wird die Welt etwas sonniger – hoffe ich.
Text: Mathias Schulze