Lesung „Gerulf Pannach: Als ich wie ein Vogel war. Die Texte, Hrsg. v. Salli Sallmann. Anm. v. Kuno Kunert. Lukas Verlag Berlin 2021.“, 29. April, Leipziger Anker, 20 Uhr
Die Erinnerungen an den 1998 verstorbene DDR-Liedermacher Gerulf Pannach verblassen zusehend. Christian „Kuno“ Kunert, einst Partner von Pannach im Duo „Pannach & Kunert“, will das zusammen mit Salli Sallmann ändern. Gemeinsam haben sie am neuen Buch „Gerulf Pannach: Als ich wie ein Vogel war. Die Texte.“ gearbeitet. Am 29. April gibt’s die Buchvorstellung im Leipziger Anker
Wie geht es Ihnen?
Och, ganz gut. Danke. Ich bin ein fröhlicher, versoffener Rentner. So, wie ich früher ein fröhlicher, versoffener junger Mann war.
Die überarbeitete Neuauflage von „Als ich wie ein Vogel war“ will Pannachs Werk vor dem Vergessen bewahren. Warum?
Gerulf Pannach war mit sei- nem freiheitssehnsüchtigen Gepolter ein ziemlich einzigartiges Phänomen in der DDR. Seine Suche nach Wahrheit und, wie ich es im Buch geschrieben habe, „seine provokanten Neigungen zu Unbestechlichkeit“ haben einige Brüche in seinem Lebenslauf verursacht wie Berufsverbot, Knast und Ausbürgerung, was dazu führte, dass er als Songpoet nicht gebührend wahrgenommen wurde. Sein früher Tod hat verhindert, dass er daran noch etwas hätte ändern können. Wir – das heißt Salli Sallman, der Lukas-Verlag und ich – machen nun noch ein bisschen Wind, damit jüngere Generationen eine Chance bekommen, zu erfahren, dass es einst einen wortgewaltigen Songwriter aus Leipzig gab – weit entfernt von Shows mit Glitzer, Flutlicht und Feuerwerk. Bei der Lesung werden wir Texte rezitieren, Videos zeigen, Geschichten erzählen und, zur Steigerung des Unterhaltungswertes der Veranstaltung, auch ein paar Songs zum Besten geben.
Welche gegenwärtigen Erzählungen über die DDR stören Sie heute am meisten?
Ach – stören. Es gibt Erzählungen über die DDR, die mit meinen Erinnerungen korrespondieren. Und es gibt Verklärung und Nostalgie und Reinwaschungsversuche – das stört mich nicht mehr als anderes törichtes Gerede. Ärgerlich wird es allerdings, wenn es ins Demagogische abrutscht. Wie bei diesem Tatort-Professor, der staatliche Corona-Maßnahmen mit den Repressionen der Stasi verglich. Da befindet er sich auf einer Ebene mit dem Querdenker-Girlie, das behauptete, sie fühle sich angesichts des Lockdowns wie Anne Frank. Und beide sind geistig nicht weit entfernt von einem Parteivorsitzenden, der die Jagd auf Demokraten propagierte.
Text: Mathias Schulze