Rainald Grebe, 16. März, Leipziger Werk 2, 20 Uhr, www.rainald-grebe.de
Rainald Grebe landete Anfang 2021 nach mehreren Schlaganfällen in der Reha-Klinik. Entstanden ist dort seine großartige Autobiografie „Rheinland Grapefruit. Mein Leben“. Im März stellt sie Grebe in Leipzig vor
Rainald Grebe landete Anfang 2021 nach mehreren Schlaganfällen in der Reha-Klinik. Entstanden ist dort seine großartige Autobiografie „Rheinland Grapefruit. Mein Leben“. Im März stellt sie Grebe in Leipzig vor Ost-Berlin, 1991/1992. Rainald Grebe, Jahrgang 1971 und aufgewachsen in Frechen bei Köln, ist auf Wohnungssuche in einem untergegangenen Land. In seiner Autobiografie „Rheinland Grapefruit. Mein Leben“, erschienen bei „Voland & Quist“, wird der damalige Weg zum Mietvertrag so beschrieben: „Auf Wohnungssuche ging man mit Brecheisen und einem etwas besseren Vorhängeschloss. (…) Wohnungstür aufgestemmt oder eingetreten, geguckt, ob die Wohnung einem genehm ist, (…) dann überwies man der Wohnungsbaugesellschaft Mitte drei Monatsmieten.“
Erinnerungen, Geschichten, Bewusstseinssplitter. Als Grebe Mitte Februar 2021 die Reha-Klinik betritt, liegen mehrere Schlaganfälle hinter ihm. Kleingefäßvaskulitis. Wolken im Hirn, Stromausfall im Oberstübchen, Ausgang und Heilung ungewiss. Was nun? Selbstreflexionen: Was ist, wenn ich sterbe? Bei Schlingensief kam das Netz erst nach zehn Tagen zur Ruhe.
Grebe notiert: „Bei mir werden’s zwei. Und dafür machst du das? Für zwei Tage Kondolenz im Netz? Bisschen wenig, Dude.“ Grebe sucht – nach Worten, nach sich selbst, nach seinem Leben. „Ich schaue meinem Gehirn beim Schalten zu.“ Wann war was? Wer bin ich?
Eine Autobiografie, um sich selbst zurückzuholen. Da gibt es Notizen aus dem Klinikalltag, Zeitungsartikel, Fotos, Dokumente, Erzählungen aus dem Kinder- und Jugendzimmer in Frechen. Für die Eltern war es klar: „Wir sind keine Künschtler. Wir dürfen die Künschtler nur bewundern. Und das tun wir auch gerne, ausführlich, lebenslang, da sind die Rollen klar verteilt.“
Aber wie ist Grebe selbst ein Künstler geworden? Wie war das möglich? Auf jeden Fall gelang es im Osten Deutschlands! Im Buch, das eine irre Ideensammlung und voller traurig-witziger Anekdoten und unterschiedlicher Schriftgrößen ist, berichtet Grebe davon: Der Geldmangel, das Puppenspiel, das Theater, die Konzerte, die Provinzialität, der Rausch, die Ernüchterung.
Die Zeichnungen von Chrigel Farner bringen Grebes Träume ins herrlich Fantastische. Ein wunderbares Buch über einen begnadeten Künstler, über das Genre der Autobiografie, über das Deutschland der letzten 50 Jahre.
Text: Mathias Schulze