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Das letzte Wort hat in diesem Monat der Pfarrer der Bartholomäus- Gemeinde, Ralf Döbbeling. 1963 in Niedersachsen geboren, kam dieser erfrischend denkende Mann von Berlin nach Halle. Dort war er jahrelang an der Basis der Stadtgesellschaft als Stadtmissionar tätig. Diese Erfahrung prägte Döbbeling und lässt ihn auch heute demütig und beherzt agieren. Als er 2013 den Fuß auf das hiesige Pflaster setzte, sagte er: „Ich habe eine Stadt verlassen, die nie fertig wird, um in eine Stadt zu ziehen, die sich gerade wieder spannend verändert. Auch Städte lernen lebenslang.“
Herr Döbbeling bitte vollenden Sie diesen Satz: An Halle hat mich in letzter Zeit besonders aufgeregt, dass …
… wie schlecht wir als Fahrradfahrer in der Stadt behandelt werden. Als wären wir von der übrigen Welt isoliert und eher das Problem als ein Teil der Lösung in der Verkehrswende. Mir ist wirklich unverständlich, wie sich ältere Menschen und vor allem Kinder auf dem Rad durch die Straßen bewegen sollen, ohne dabei ernsthaft in Gefahr zu geraten. Diese Verkehrssituation verhindert prägnante Aspekte: gesundheitliche, kommunikative und wirtschaftliche. Letztlich die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Was muss sich ändern?
Ändern müssten sich Denk- und Herangehensweise, Probleme zu lösen, z.B. durch Verkehrsmediatoren. Bei uns an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein werden Lastenräder designt. Könnte nicht auch eine Art Rikscha für ältere Menschen gebaut werden? Um die vom Alter Gesegneten damit auszufahren, ins Café und zu Orten, die ihnen wichtig sind oder entscheidend waren - zum Beispiel ihre alte Tanzschule - an die sie ohne Hilfe nicht mehr gelangen? Ein fahrender „Beichtstuhl“, auf dem ältere Menschen bequem sitzen, beschaulich durch Halle gefahren werden und ein Schwätzchen mit dem Chauffeur machen können. Für diese Aufgabe würde ich mich gern an einem Vormittag in der Woche zur Verfügung stellen.
Welcher Ort in der Stadt ist Ihnen der liebste?
Der Weg über die Peißnitz zur wilden Saale, da wo Biber und Eichhörnchen leben und Eisvögel und Spechte zu sehen sind. Natur wie auf Gottes grünem Daumen gewachsen.
An welchen Ort der in der Stadt würden Sie Besuch von außerhalb indes nie führen?
Die Frage stellt sich für mich anders. Wenn meine Gäste am Bahnhof ankommen, würde ich sie mit der Tram abholen, damit sie nicht die Leipziger Straße zum Marktplatz runter laufen müssen. Denn diese Strecke vermittelt aus meiner Sicht einen völlig untypischen Eindruck der Stadt.
Abschließend: Welche Pläne und Visionen haben Sie für die Zukunft?
Ich wünsche mir, dass sich bei mir weiterhin die Pflicht, die ich übernommen habe, und die Neugier, die mich umtreibt, die Waage halten. Als Christ wünsche ich mir, dass Kirche und Glaube an unerwarteten Orten und mit menschenfreundlichem Gesicht auftauchen, die mit Kirche nicht immer assoziiert werden. Zudem fände ich es gut, wenn Kirche keine Angst hätte, sich auch mal unmöglich oder lächerlich zu machen und starre Formen löst. Und ich würde es begrüßen und unterstützen, wenn die Anzugsordnung von Priestern und Pfarrern nicht so unscheinbar, sondern erkennbarer wie ein eigenes Label für unsere Berufsbranche werden könnte, damit überall Kirche ansprechend und ansprechbar wäre.