Das letzte Wort in diesem Monat hat nt-Intendant, Schauspieler und Regisseur Matthias Brenner.
Herr Brenner, bitte vollenden Sie diesen Satz: in Halle hat mich in letzter Zeit besonders aufgeregt, dass …
… der Theaterstreit in seiner wirklichen Substanz komplett missverstanden wurde und so ausstaffiert nicht in die Öffentlichkeit gehört. Deutlich ist noch einmal zu sagen, dass Florian Lutz nach zweieinhalb Jahren als Steuermann des Opernhausschiffes nicht zur Zufriedenheit aller den Kurs wechseln kann. Neue Formate zu etablieren, braucht mehr Zeit und das wissen alle, die in irgendeiner Weise kulturell groß denken können oder sollten. Zudem hat unser Geschäftsführer Stefan Rosinski, nicht die nötige Zurückhaltung gefunden, um das Vorhaben von Florian Lutz in Ruhe gedeihen zu lassen. Erschwerend kommt dazu, dass der Aufsichtsrat zu sehr in die Konflikte und in die Bewertung der künstlerischer Arbeit eingestiegen ist. Und alle an der Misere Beteiligten, mussten zu oft auf Mitteilungen, Statements, Spekulationen und Halbwahrheiten reagieren, anstatt Besonnen zu agieren. Kurzum, kein Tischler würde sich an so einen wackligen Tisch setzten, in der Wirtschaft wären Köpfe gerollt und beim Fußball hätte man einfach den Trainer gewechselt.
Was muss sich ändern?
Theater und Gesellschaft sollten sich gegenseitige Glücksbegabung schenken. Der Virus zeigt uns, dass das, was wir an Glück haben, nicht selbstverständlich ist. Glücksempfinden und tiefe Demut darüber gehören zusammen, dann entsteht Kraft und Utopie. Das muss Theater als „Bedürfnisanstalt“ leisten. Mit Themen die auf Augenhöhe agieren, einen direkten Umgang und glückliche Begegnungen zwischen Publikum und den Schauspielern ermöglichen.
Welcher Ort in der Stadt ist ihnen der Liebste?
Der Uniplatz. Nicht nur weil dort das Hinterteil vom Theater zu sehen ist, sondern auch, weil es ein architektonisches gelungenes Gesamtwerk ist. Der Platz mit seiner Offenheit ist mehr als charmant angelegt.
An welchen Ort in der Stadt würden Sie Besuch von außerhalb indes nicht hinführen?
Ich würde das Areal am Bahnhof nicht gleich mit Unkundigen in Augenschein nehmen, sondern ihnen erst das wahre Gesicht von Halle zeigen. Als ich die ersten Male mit dem Zug nach Halle gekommen bin, da dachte ich: ja, die unliebsamen Stadtbeschreibungen stimmen. Als ich dann den Boulevard runter Richtung Markt und Theater ging, gefiel mir das was ich sah immer besser und irgendwann war ich wie besoffen vor Glück von dieser faszinierenden Stadt.
Welche Pläne und Visionen haben Sie für die Zukunft?
Ich glaube, dass das Theater ein Ort von Visionen und Veränderungen sein muss, wo der Geist der Zeit stark zu spüren ist. Die Gesellschaft, die Vielsprachigkeit, die Themen die in der Stadt und im Land lauern, sollten noch mehr in unseren Theatersälen zur Sprache kommen, wieder gespiegelt werden. Die Bestimmung, des nt ist schon in seinem Namen zu lesen, es sollte immer etwas Neues hervorbringen, auch in diesen wirren Zeiten.
Text: Annett Krake