Das letzte Wort in diesem Monat haben wir der halleschen Figurenspielerin und Theaterpädagogin Julia Raab erteilt. Raab, Jahrgang ‘82, geht dahin, wo junges Theaterpublikum zu finden ist: in die Schulen. Derzeit mit dem Stück „Im Frühling hat man keine Lust zu sterben!“, einer Auseinandersetzung mit der Justiz im 3. Reich.
Frau Raab, bitte vollenden Sie diesen Satz: In Halle hat mich in letzter Zeit besonders aufgeregt, dass ...
... die Bürgerinitiative „Grünes Medizinerviertel“, die sich seit 2016 bemüht, die Gegend um die Friesenstraße herum zu begrünen, sich nicht mit der Stadt verzahnen kann. Wir finden Gehör, erfahren Wahrnehmung, aber am Ende ist es nicht möglich, vier Blumenkübel aufzustellen. Zudem bin ich verärgert, wenn ich sehe, wie wir Fahrradfahrer auch bei neuesten Bauprojekten vernachlässigt werden. Wo sind denn nun endlich die breiten und gut sichtbaren Radwege, auf denen sich auch Familien mit Kleinkindern bewegen können?
Was muss sich ändern?
Für uns freischaffende Künstlermuss sich kulturpolitisch etwas ändern. Wünschenswert wäre es, wenn das von der Stadt für die freie Szene zur Verfügung gestellte Geld nicht nach dem „Gießkannenprinzip“ verteilt würde. Es wäre hilfreich, wenn dabei die Qualität der Projekte und Produktionen auch eine Rolle spielen würde und zu Unterscheidungen in der Vergabe der Mittel führt. Ein Gremium oder eine Jury sichtet die Projektanträge, hat so eine Übersicht über die Gewichtung der Themen, aber ist eben auch in der Lage gesellschaftlich relevante Projekte wirtschaftlich zu würdigen. Es ist mir zum Beispiel völlig unverständlich, weshalb Wiederaufnahmen von erfolgreichen Produktionen nicht honoriert werden.
Welcher Ort in der Stadt ist Ihnen der liebste?
Ich bin gern an der Saale und mag es in Cafés zu sitzen, aber an beiden Orten bin ich viel zu selten, denn ein Platz den ich auch sehr mag, ist mein Arbeitsplatz. In meinem Atelier verbringe ich viel Zeit und verliere mich nur zu oft in neuen künstlerischen Ideen und Projektvorhaben.
An welchen Ort der Stadt würden Sie Besuch von außerhalb indes nie führen?
Tatsächlich nicht nach Halle-Neustadt oder in die Silberhöhe. Aber einfach nur, weil ich zu selten dort bin und somit keinen Bezug zu diesen Stadtteilen habe.
Welche Pläne und Visionen haben Sie für die Zukunft?
Der naheliegende Plan ist die Stückentwicklung „Der schwarze Hund“ zur Premiere (9. Oktober, WUK Theater Quartier) zu bringen. Das Stück setzt sich mit dem heiklen Thema Depression und seelische Gesundheit auseinander. Außerdem liegt es mir am Herzen, das Puppentheaterfest der freien halleschen Puppen- und Figurentheaterszene weiter zu etablieren.
Text: Annett Krake