„Gundermann Revier“ kann als DVD bestellt werden: www.gundermannrevier.de
Der Dokumentarfilm „Gundermann Revier“ von Grit Lemke ist nicht nur eine kritische Erinnerung an den Liedermacher Gerhard Gundermann. Lemke gelingt es, die ostdeutschen Verhältnisse der Vergangenheit und Gegenwart einzufangen. Ein Heimatfilm der Extraklasse, der jetzt als DVD erhältlich ist.
Rückblick Hoyerswerda, 1982 – und dann prallen Welten aufeinander: da die Aufnahmen aus dem Gestern, hier die trostlose Gegenwart – schön umrahmt von Billig- Discountern und Rollatoren. Früher spuckten die Schichtbusse die Arbeiter aus, man sieht, dass sie aus den gleichförmigen Plattenbauten, die Heiner Müller einst „Fickzellen mit Fernheizung“ nannte, gekommen sind.
Was gab es noch? Warmwasser, Fernheizung und Kindergartenplätze, in den Kulturhäusern suchte man geistige Stimulanz. Beständig wuchsen die Umweltsünden, die Kohlebagger rissen riesige Löcher in die Landschaft. Mittendrin: Gerhard Gundermann. Der Film erzählt in Kapiteln, immer untermalt mit den unsterblichen Liedern, von den Lebenswegen Gundermanns, die mit Hoyerswerda, der Stasi, der Nachwendezeit und der DDR verbunden sind.
Gemütslagen einer Nation. Wie fühlte es sich an, in so einer Modellstadt, in so einer „sozialistische Wohnstadt“ wie Hoyerswerda zu wohnen? War hier wirklich eine echte sozialistische Gemeinschaft beheimatet? Die Doku zeigt Originalaufnahmen, die zwischen Aufbruch, Glück, Desillusionierung und dem Wissen, dass man seine Lebensgrundlagen nicht ewig wegbaggern kann, angesiedelt sind.
Lemke muss es wissen, sie ist in Hoyerswerda aufgewachsen, so lässt sie Zeitzeugen sprechen, so arbeitet sie mit atmosphärischen Bildern, die mehr zeigen, als gesagt werden kann. Herzzerreißend jene Szenen, in denen Gundermann in den 90er Jahren in seinem schlichten Klamotten im Fernsehen sitzt und ringsum belächelt von jenem systematischen Ausbeuten der Natur erzählt, dass uns in den nächsten Jahrzehnten nachhaltig beschäftigen wird. Wächst das Gras wirklich immer wieder „wild und hoch und grün“?
Wunderbar auch, dass bei diesen TV-Aufnahmen nur wenige Eindrücke genügen, um die Geschichte des großen Missverständnisses zwischen Ost und West zu erzählen. Der Film verklärt nichts, weder den Menschen Gundermann, noch die ostdeutschen Verhältnisse in der Vergangenheit und Gegenwart. Er wirbt für ein empathisches Verstehen der Geschichte, das macht ihn so sehenswert.
Text: Mathias Schulze