Ausstellung „Where I Want to Be Today“, bis 11. Mai, Gelände der Baumwollspinnerei Leipzig, Halle 14, alle Infos zum Verein „Raum für Kunst Halle“ unter: www.raumfuerkunsthalle.de
Die Ausstellung „Where I Want to Be Today?“, die Skulpturen, Malerei, Zeichnungetn und Installationen zeigt, verwandelt die Halle 14 der Spinnerei Leipzig in einen fantastisch-fernen Kosmos. Die beteiligten Künstlerinnen und Künstler, die fast alle gemeinsame Wurzeln an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle haben, zeigen Werke, die über eine einfache Materialität hinausreichen. Zu sehen sind starke individuelle und teilweise medienübergreifende Bildwelten. Ausstellen werden beispielsweise Charlotte Antony, die auch den Verein „Raum für Kunst Halle“ mit ins Leben gerufen hat, Nora Mona Bach, Martin Schuster oder Ulrike Zabel. Wir haben bei Charlotte Antony nachgefragt
Hallo, Charlotte, bevor wir ins Detail gehen, was sollte man über Sie wissen?
Ich arbeite als freischaffende Künstlerin und Goldschmiedin. Ich wurde 1987 in Halle geboren und bin 1989 zusammen mit meiner Mutter und meiner Tante nach Düsseldorf gezogen. Im Rheinland bin ich aufgewachsen, dort habe bis 2015 gelebt. Nach meinem Abitur habe ich dort die Ausbildung zur Goldschmiedin absolviert, habe die Meisterschule besucht und insgesamt sechs Jahre als Goldschmiedin gearbeitet.
Dann ging es zurück in die Geburtsstadt.
Mit 28 Jahren bewarb ich mich erfolgreich für ein Studium an der Burg Giebichenstein im Fachbereich Plastik und Schmuck, 2015 bin ich für das Studium zurück in meine Geburtsstadt gezogen. Ein Jahr später bin ich in die Klasse Bildhauerei und Metall gewechselt, weil ich freier und ohne Bezug zum Körper (Tragbarkeit) arbeiten wollte. Nach meinem Diplom 2022 war ich ein Jahr Meisterschülerin von Professorin Julia Kröpelin.
Klingt stabil. Was sind Ihre Arbeitsschwerpunkte?
Bildhauerei, Zeichnung und Schmuck.
Zur Leipziger Ausstellung: Diese soll dazu auffordern, mit der „inneren Reisefreudigkeit in Kontakt zu treten“.
Die innere Reisefreudigkeit ist gleichbedeutend mit der menschlichen Vorstellungskraft, die in allen kreativen Prozessen wichtig ist, die eben auch im Kunstschaffen und in der Kunstbetrachtung wesentlich ist. Sich Dinge vorzustellen, sich an Orte zu katapultieren, die unabhängig von der eigenen Realität existieren können, darum geht es in unserer Ausstellung. Im Alltag kennen wir alle die großen Träume der Nacht, aber auch die kleinen Tagträume, die uns entspannen und vielleicht an einen aufregenderen Ort, in eine lustvollere Zeit beamen. Manchmal geschieht dies auch, wenn wir beispielsweise eine Malerei betrachten. Dann stehen wir mit beiden Beinen in der Ausstellung und können uns gleichzeitig in hervorgerufene Gefühle oder auch Erinnerungen fallen lassen. Oder wir entfliehen in eine imaginäre Realität. „Glück ist die Freiheit, Dinge tun zu können, die erfüllend sind und Spaß machen, die Tage selbst zu bestimmen und davon leben zu können.“
Zur Geburtsstadt: Sie hätten auch woanders hingehen können.
Ich bin im Alter von zwei Jahren weggezogen von Halle. Ich habe Halle häufig besucht, meine direkte Familiengeschichte hat sich in Halle abgespielt. Ich bin zwar im Rheinland aufgewachsen, aber die Erzählungen von früher, die Art und Weise, wie meine Mutter und meine Tante gesprochen haben, ihr Sinn für Humor, das hat mich gut vorbereitet auf meine Entscheidung, nach Halle zurückzukehren. Das Profil der Burg hat mich interessiert, so hat es sich wie selbstverständlich angefühlt, in dieser Stadt Kunst zu studieren. Ich fühle mich hier sehr wohl, bin in Halle verwurzelt und habe in den vergangenen neun Jahren wunderbare Menschen kennengelernt. Ich werde erst einmal bleiben.
Was hat es mit dem Verein „Raum für Kunst Halle“ auf sich? Welche Veranstaltungen wird es in näherer Zukunft geben?
Der Verein „Raum für Kunst Halle“ mit dem zugehörigen Projektraum „Blech.“ am Steintor ist ein Raum für junge Kunst, den wir 2019 ins Leben gerufen haben. Der Verein widmet sich der Aufgabe des künstlerischen Austausches über Stadt und Landesgrenzen hinaus. Wir haben zur Zeit der Gründung die Notwendigkeit gesehen, einen Ort für die junge, zeitgenössischen Kunstszene in Halle und Umgebung zu schaffen, in dem wir uns erproben und unsere eigenen Vorstellungen von „Kunst-Machen“ umsetzen können. Wir laden nun seit fünf Jahren Künstlerinnen und Künstler, Kunstkollektive und pädagogische Projekte ein, Ausstellungen in unserem Raum zu realisieren. Und wir organisieren unsererseits Ausstellungen in anderen Städten. Neben den Ausstellungen hat sich das „Blech.“ inzwischen als beliebter Ort für neue Musik und zeitgenössischen Jazz etabliert. Im Mai bespielt die Akademie der Künste aus Halle unseren Projektraum, da weiß ich bisher vor allem, dass sie ihren neuen Almanach vorstellen werden und Paolo Bianchi, Kurator und Kulturpublizist, hält am 3. Mai einen Vortrag. Vom 1. bis 17. Juli lädt Camillo Schneider zu einer öffentlichen Zeichen- und Mal-Aktion auf den Stellwänden des „Blech. - Raum für Kunst Halle e.V.“ ein: Bildnerisch thematisiert werden die fantastischen Berglandschaften seiner Reisen von Molwanîen über die Kong-Berge bis nach San Escobar. Anwesend werden auch Künstler und Künstlerinnen sein, die das Pseudonym Camillo Schneider mit schufen und sich an der künstlerischen Umsetzung beteiligen. Und am 9. Mai gibt es ein Jazzkonzert von und mit Hannes Lingens.
Was ist Glück?
Die Freiheit, Dinge tun zu können, die erfüllend sind und Spaß machen, die Tage selbst zu bestimmen und davon leben zu können. Sich mit Menschen zu umgeben, die man liebt und schätzt - und wenn das andersherum auch noch genau so ist – das macht schon sehr glücklich.
Text: Mathias Schulze