„Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!“, Sandra del Pilar: Malerei, Kunstmuseum Moritzburg, 21.7.–13.10., Mo–So 10–18 Uhr (außer Mi), Ticket: 13 (erm. 9) Euro, www.sandra-del-pilar.org
„Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!“, so beginnt Brechts Gedicht „An die Nachgeborenen“, das, 1939 im Exil entstanden, heute so aktuell wie damals. Vor dem Hintergrund unserer von Krisen geschüttelten Zeit, der ausgerufenen Zeitenwende und dem „Ende der Moderne“ stellt die neue Moritzburg-Ausstellung die Frage nach der Bedeutung der Malerei
Dazu richtet sie ihr Augenmerk auf die Arbeit der deutsch-mexikanischen Malerin und Post-Konzeptkünstlerin Sandra del Pilar, die die Themen unserer Zeit präzise und selbstsicher ins Bild setzt. Die für die Exposition getroffene Werkauswahl aus den letzten 20 Jahren soll einen Beitrag leisten, den Begriff der Malerei erneut zu hinterfragen und zu präzisieren. Sie soll die Frage aufwerfen, ob, was Kunst uns heute zu sagen hat, tatsächlich ungehört verhallen muss, wie einst der mahnende Ruf der antiken Seherin Kassandra. Seit vielen Jahren arbeitet die 1973 in Mexico-Stadt geborene Malerin Sandra del Pilar, die in Soest und Cuernavaca lebt, im Spannungsfeld zwischen Sinnlichkeit und Diskurs. Form und Inhalt empfindet sie ebenso wenig als Gegensätze wie Bauch und Kopf, körperliches Erleben und logisches Denken oder ästhetische Autonomie und gesellschaftspolitische Positionierung. Ihr zufolge entfaltet sich jeder dieser Aspekte erst da vollumfänglich, wo er, in der Ausführung der Kunst, mit seinem Komplement zu einer Einheit verschmilzt. Sichtbar wird dabei der existentielle Bezug zur Zeit, in der diese Malerei entsteht. Gewalt und Assoziation von Gewalt bilden dabei eine durchaus entlarvende (und ggf. triggernde) Form der Demaskierung, die tief und berührend trifft. Die Werke Sandra del Pilars wurden mehrfach ausgezeichnet, zuletzt durch die ehrenvolle Erwähnung beim Premio Nacional de Pintura „Ángel Zárraga“ (2022), zudem erhielt sie den Kunstpreis der Stadt Hamm (2018) wie auch den ersten Preis der Biennale Pedro Coronel in Mexiko-Stadt (2012). Ihre Werke sind in zahlreichen Museen, öffentlichen und privaten Sammlungen, in Galerien, auf sowie auf internationalen Biennalen vertreten. Zur Ausstellung, die am 21. Juli eröffnet worden ist und bis zum 13. Oktober zu sehen ist, gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm mit Führungen, Podiumsdiskussion mit der Künstlerin und szenischer Lesung, es ist bei E. A. Seemann ein 192-seitiger Katalog erschienen (im Museumsshop für 35,00, im Handel für 45,00 Euro erhältlich). Sandra del Pilar: Highlight in einem denkwürdigen Kunstsommer!