Moderne Jugend? Sonderausstellung im Historischen Waisenhaus der Franckeschen Stiftungen, noch bis 9.2.2020, Di–So 10–17 Uhr, Eintritt: 6 (erm. 4) Euro, weitere Informationen: www.francke-halle.de
Noch bis 9. Februar ist die Sonderausstellung „Moderne Jugend?“ in den Franckeschen Stiftungen zu sehen. Die Schau geht den Fragen nach, was es bedeutete, jung zu sein in der Zeit zwischen 1890 und 1933, welche Hoffnungen, Ideale und Konflikte sich in den Lebensentwürfen und Perspektiven Jugendlicher widerspiegeln
Für die Ausstellung wurden 170 Einzelbiografien von Jugendlichen aus den Franckeschen Stiftungen in detektivischer Kleinstarbeit rekonstruiert, 40 handschriftliche Lebensläufe von Schülerinnen und Schülern der Stiftungsschulen für die Ausstellung ausgewertet sowie 300 Fotos recherchiert, interpretiert und digitalisiert. Ergänzt durch zeitgenössische Ton- und Filmdokumente werden hier die Umbrüche der Zeit sichtbar.
Zu den Highlights unter den Ausstellungsobjekten zählen Kunstwerke u. a. von Oskar Schlemmer, Heribert Fischer-Geising, Wilhelm Lachnit und Erna Lincke. Ein Panorama der Moderne entsteht, das der Lebenswelt der Jugendlichen erstaunlich nahe kommt und gleichzeitig einen zeitlosen Blick auf die Phase der Jugend wirft. Die Exhibition ist dabei in sechs Themenkreise aufgeteilt, in denen sich das junge Leben abbildet.
In einem Komplex etwa zeigt sich der Wandel des Ansehens der Jugendbildung zum wichtigen biografischen Abschnitt. Besonders in den Städten richtete sich der gesellschaftliche Blick zunehmend auf die Jugend. Vielen wurde sie zum Ideal, aber auch zum Instrument: Staat, Kirche, Parteien, Schule, Familie versuchten gezielt, sie nach ihren Vorstellungen zu formen. Welche Rolle spielten die Stiftungsschulen für die Schüler?
Auch spielt der Wandel zur Moderne mit all ihren Brüchen eine große Rolle für den Verlauf der Jugendzeit. Wie wirkten sich die Umbrüche, Militarisierung, Kriegserfahrungen aus? Auch eroberten neue Techniken die Welt: ab 1905 das Kino, ab 1920 der Hörfunk. Eine weitere Ausdrucksform findet sich in der Revolutionierung der Kunst, die gerade auf die jungen Schichten einwirkt. Die Kunst zeigt einen ganz besonderen Blick auf die Jugend, die erstmals zum Kunstmotiv wird. Herausragend sind hier die Arbeiten des Stiftungsschülers Wilhelm Krieg.
Und schließlich wird der Sport zu einem Ausdruck neuen Lebensgefühls. In Verbindung mit dem Weg in das Erwachsenenleben kommt eine Vielzahl Jugendlicher in der Ausstellung zu Wort, gibt Einblicke in ihre Sorgen, Träume, Glücksmomente …
Text: André Schinkel