Italienischer Herbst: Pier Paolo Pasolini, Termine im Dezember: 5. und 7.12., jeweils 19 Uhr, Literaturhaus Halle, Grüner Salon, Eintritt 8 (erm.5) Euro, www.literaturhaus-halle.de
Vor einhundert Jahren wurde Pier Paolo Pasolini in Bologna geboren. Er war einer, der sich zeitlebens für die Aussätzigen und Randständigen interessierte. Dabei war er selbst ein Star und gleichzeitig auch eine Art queerer Außen-seiter, einer, der überall aneckte. Das hallesche Literaturhaus widmet ihm einen „Italienischen Herbst“
In seinen Filmen, Gedichten und Romanen erzählt Pasolini, der auch und vor allem als Mann der Dramatik sowie als Publizist berühmt wurde, vom verrohten und beschädigten Leben, das von der Konsumgesellschaft und menschenfeindlichen Institutionen ruiniert wurde. Sein literarisches Werk wird im deutschsprachigen Raum vom Berliner Verlag Klaus Wagenbach betreut, ohne den die Kunde von den großen Leistun- gen der italienischen Literatur im 20. Jahrhundert eine schmalere und ärmere wäre.
Bereits im November widmete sich das Literaturhaus an der Kreuzung Bernburger Straße, Ecke Mühlweg dem vielgestaltigen Werk des 1975 ermordeten Meisters. So gab es eine Hommage an ihn sowie einen Vortrag zu Pasolinis Bezügen zur Kunst. Mit dem Filmabend zum Regiedebüt „Accattone – Wer nie sein Brot mit Tränen aß“, das sich als ausgewachsener Skandalfilm herausstellte, fand die Reihe sicher im Vormonat ihren ersten Höhepunkt. Gute Gründe, den Großen und Erschütternden, dessen kompromisslose Arbeit bis heute Kult ist, auch im Dezember zu würdigen und zu feiern.
Am 5.12. spricht und spielt im Grünen Salon des Hauses der Dirigent Alessandro Zuppardo zum Thema „Pasolini und die Musik“. Zuppardo spricht über Pasolinis Beziehung zur Musik – von den Geigenstunden der Jugendjahre über das lebenslange Interesse an musikalischer Analyse bis hin zur Verwendung von Musik in seinen Filmen (besonders eindrücklich: die Verwendung von Bach in „Accattone“). Die Einführung für den Abend, der in einem Klavier-Konzert ausgeht, spricht Maria Giuliana.
Am 7.12. schließlich lädt Moderator und Hausleiter Alexander Suckel zum Gespräch mit der Literaturkritikerin Maike Albath über Pasolinis Roman „Petrolio“ (Abb.) in den Grünen Salon. Die mit dem Alfred-Kerr-Preis Ausgezeichnete gilt als ausgewiesene Kennerin der Materie. Pasolinis großes Buch ist das radikale Porträt einer Gesellschaft, die von ihrer Ich-Obsession zerstört wird, und womöglich einer der Gründe, warum er so gewaltsam sterben musste. Seine Bilder der Macht kommen aus einem Zentrum der Macht. Die Veranstaltungen im Literaturhaus beginnen jeweils um 19 Uhr.
Text: André Schinkel