Felix Meyer und Band zusammen mit dem „mondëna quartet“, 25. August, Parkbühne Geyserhaus, 19.30 Uhr, alle Infos: geyserhaus.de
Der Liedermacher Felix Meyer spielt im August zusammen mit seiner Band und dem Leipziger Streichquartett „mondëna quartet“ auf der wunderschönen Parkbühne Geyserhaus in Leipzig. Ein Konzerthöhepunkt des Sommers. Im Gepäck ist das neue Album „Später noch immer“. Mathias Schulze hat Meyer zum Gespräch gebeten
2010 kam das erste Album, den Musiker Felix Meyer gibt es schon länger. Schauen wir mal zurück: Was würden Sie heute anders machen?
Ich mache gerne immer wieder die gleichen Fehler. Nein, im Ernst. Wer wäre ich, zu behaupten, dass ich irgendwas anders machen würde als so, wie es bereits passiert ist. Ich bin zufrieden mit dem Verlauf der Dinge. Auf vieles hatte ich gar keinen großen Einfluss. Es ist uns passiert und wir haben es geschehen lassen. Türen sind aufgegangen, wo vorher keine Türen waren. Da die Industrie, auf die wir als Straßenmusiker gestoßen sind, nie versucht hat, mich zu verbiegen, kann ich noch nicht einmal damit angeben, dass ich mich nicht von ihr habe verbiegen lassen.
Konzerte, Reisen, Begegnungen. Wenn Sie die letzten zwanzig Jahre durch den Kopf rasen lassen: Wo beißt sich die Erinnerung am heftigsten fest?
An den großen Straßenmusik-Auftritten von Montpellier bis Rügen. Ordnungsstrafen, weil Menschen nicht mehr in Geschäfte kamen. An tanzende Menschen in deutschen Fußgängerzonen. Einerseits. Andererseits sind wir jetzt Teil einer Generation von Liedermachern. Und darüber bin ich sehr glücklich und ich mache viel dafür, diese Bewegung, in der die größten Stars weiblich sind und in der man sich gerne gegenseitig hilft, als solche strahlen zu lassen. Dieses Jahr zum Beispiel bei unserer Reihe „Von Luft und Liedern“ mit Dota und Max Prosa oder beim Paradiesvogelfest, das so was wie die Burg Waldeck dieser Generation ist.
Was sehen Sie, wenn Sie aktuell durch Deutschland fahren?
Ein Land, das in den letzten 30 Jahren eine Siegermentalität an den Tag gelegt hat, die fast keinen Zweifel daran lassen sollte, dass das Gute in der westlichen Welt zu Hause ist. Ein Land, das noch mehr Straßen gebaut und Gleise abgebaut hat. Ein Land, das mehr in Grenzschutz als in Gerechtigkeit investiert. Wenn wir durch Deutschland fahren, sehen wir natürlich auch Menschen, die unsere Musik hören. Das ist erfreulich, weil viele noch in Graustufen denken. Es hat sich gerade über die letzten Jahre ein Schwarz-Weiß-Denken eingeschlichen, das langsam gefährlich zu werden scheint.
Wenzel, Konstantin Wecker, Antje Vollmer, Keimzeit. Die Liste der älteren Garde, die Sie im Laufe der Zeit persönlich trafen, ist lang. Wie läuft das ab? Gibt es auch Tipps?
Keimzeit sind Helden meiner Jugend. Da war ich ziemlich aufgeregt, als ich Norbert zum ersten Mal in Hamburg im Studio traf. Als ich Antje kennenlernte, hatten wir in Dresden gerade einen Preis verliehen bekommen und sie fragte, ob ich ihr eine Platte signieren würde. Von ihr hab ich viel gelernt, wir waren oft spazieren und sie kannte sich aus in der Welt, hatte viele politische Akteure persönlich kennengelernt und einen sehr scharfen Blick. Sie fehlt mir sehr. Nur der Welt fehlt sie noch mehr. Sie wollte übrigens unbedingt, dass Wenzel und ich uns kennen lernen. Bei Konstantin war alles noch einfacher. Er ist ein Freund von Freunden. Ich fragte ihn, ob er bei „Fasst euch ein Herz“ mitsingen würde und er lud mich ein, auf der großen „#unteilbar-Demo“ in Berlin mit ihm „Sage nein!“ zu singen. Natürlich lernt man viel von Leuten, die schon länger unterwegs sind. Aber vor allem, weil sie so sind wie sie sind.
Was ist Glück?
Glück ist, glaube ich, wenn man nie in die Situation kommt, sich selber zitieren zu müssen. In dem Fall ist es schwierig, weil ich in dem Lied „Einverstanden“ einen Satz dazu geschrieben habe, der für mich passt: „Wenn also Schicksal eine Frage des Glaubens ist und Bewusstsein eine Frage der Zeit, dann könnte es Glück sein, wenn für einen Moment keine Frage mehr bleibt.“
Zum neuen Album „Später noch immer“: Sie sprachen unlängst von immer neuen Perspektiven, die das Album enthält und vermittelt. Und das in einer Zeit, in der man das Gefühl hat, dass immer mehr Perspektiven verloren gehen. Wie meinen Sie das?
Im Grunde wissen wir doch, was zu tun ist. Wir wissen, dass wir die Menschen fragen sollen, in was für einer Gesellschaft sie leben wollen. Wir wissen, dass wir zu viel verbrauchen und wir wissen auch, wie wir weniger verbrauchen können. Wir wissen, dass es für Frieden und Demokratie Wohlstand braucht. Keinen ausufernden Reichtum. Wohlstand. Und wir wissen, dass Ängste kleiner und Menschen besser werden, wenn sich gute Ideen und Nachrichten verbreiten.
Welche Pläne gibt es?
Dieses Jahr ist spektakulär. Ich kann es manchmal selber kaum fassen. Im Winter hatte ich schon an einem Theaterstück mitgeschrieben und es Anfang des Jahres selber mit aufgeführt. Mit Johannes Bigge, dem Pianisten unserer Band, lese ich ab und zu mein Märchen „Zufall oder Zauber“ – und er spielt Piano dazu. Ich hab die Moderation und Teile der Programmierung beim Paradiesvogelfest gemacht, bin über den Sommer Gastgeber einer Liedermacherreihe auf dem Tempelhofer Feld, spiele im August noch einmal Konzerte mit Beppe Gambetta und James Keelaghan an verschiedenen Orten in Italien und dazwischen, davor und danach gehen wir immer wieder auf Tour. Vieles im Trio und Ende des Jahres mit meiner Band „project île“. In Leipzig noch dazu mit dem Streichquartett von Shir-Ran Yinon. Im Oktober bin ich einen Monat in Japan. Da bin ich vor allem Begleitung und helfe der Frau an meiner Seite, einen Kurzfilm zu drehen. Pläne gibt es wirklich genug!
Text: Mathias Schulze