„Es gibt Zeiten, in denen man welkt“, 27. Januar, WUK Theater-Quartier, 20 Uhr, www.wuk-theater.de
„Es gibt Zeiten, in denen man welkt“, so heißt eine Veranstaltung am 27. Januar im WUK Theater-Quartier. Der Eintritt ist frei, um eine Reservierung wird vorab gebeten. Worum geht es? Wir haben bei der Figurenspielerin Julia Raab nachgefragt
Frau Raab, warum sollte man am 27. Januar ins WUK-Theater Quartier kommen?
Der 27. Januar ist der Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Im WUK Theater-Quartier findet die von Literaturwissenschaftlerin Bianca Pick und mir 2016 entwickelte szenische Lesung „Es gibt Zeiten, in denen man welkt“ statt. Wir lesen aus Briefen und der Autobiographie Käthe Vordtriedes.
Der Journalistin, Sozialdemokratin und Jüdin gelang die Flucht vor den Nazis 1939 in die Schweiz, wo sie im Rahmen eines Preisausschreibens der Harvard Universität ihre Autobiographie verfasste. Die Lesung wird von der Bremer Folkband „Die Grenzgänger“ begleitet. Im Anschluss an die Lesung spielen sie weitere Lieder ihres erfolgreichen Albums „Und weil der Mensch ein Mensch ist – Lager- Lieder-Widerstand“. Der Leiter des Vordtriede-Hauses, Jürgen Lang aus Freiburg, wird die Veranstaltung mit einem Grußwort eröffnen.
Gibt die szenische Lesung auch einen Einblick in die Erfahrungen bis 1945?
Das Preisausschreiben forderte 1939 Emigranten dazu auf, über ihr Leben in Deutschland vor und nach dem 1. Januar 1933 zu schreiben. Bitter sarkastisch bis schwelgend verträumt berichtet Käthe Vordtriede von verschiedenen Ereignissen in Deutschland bis zu ihrer Flucht. Aus den Briefen an ihre Kinder erfahren wir aber auch, dass die Schweiz mit der Zeit „nazisch“ wird und sie dort auch nicht mehr sicher ist.
Können Sie etwas über das Schicksal von Käthe Vordtriede nach dem Zweiten Weltkrieg erzählen? Wie sah es mit der Wiedergutmachungspolitik aus?
Die Autobiographie, die durch mysteriöse Umstände erst 1999 veröffentlicht wurde, endet mit Käthe Vordtriedes Flucht 1939 – „[…] da stand ich nun, auf einem schweizerischen Bahnhofsplatz. Ich war gerettet.“ Käthe Vordtriede gelingt nach zweieinhalb Jahren im Schweizer Exil die „Einreise in den New Yorker Hafen“. Die Jahre bis zu ihrem Tod 1964 verbringt sie „als zahnlose alte Frau, hart arbeitend,“ überwiegend als Kindermädchen und Haushälterin in New York.
Ihre Hoffnung in Amerika wieder als Journalistin arbeiten zu dürfen oder wenigsten „eine kleine Sekretärsstelle an einer University“ löst sich leider nicht ein und der soziale Weg nach unten setzt sich weiter fort. Ihr Sohn Werner wollte sie Mitte der sechziger Jahre nach München holen, jedoch verstarb Vordtriede kurz zuvor noch in Amerika.
Text: Mathias Schulze