Depeche Mode auf Memento-Mori-Welttournee, 26.5., 20 Uhr, Festwiese in Leipzig, Vorband: Cold Cave, Tickets: www.mawi-concert.de
Der 26. Mai 2022 war ein denkwürdiger Tag für die Freunde des guten Wave’n’Synthpop. Am späten Abend machte die Nachricht vom plötzlichen Tod Andrew Fletchers, des dritten, stillen, des skandalfreien Mannes der Großband Depeche Mode die Runde. So mancher rief das Ende der größten aller (Ex-)Indiebands aus. Nun sind Depeche Mode, als Duo, gewaltig zurück. Am 26. Mai gastieren sie auf der Leipziger Festwiese
Damit ist das Unglaubliche aber noch nicht auserzählt. Unter Fans sind die Hahnenkämpfe der beiden Diven der Gang, Sänger Dave Gahan und Mastermind Martin Gore, Legende. Was nun, fragte man sich: Könnte es die seit Jahrzehnten von den Alt-Fans erträumte Wiederkehr von Soundgenie Alan Wilder (ausgestiegen 1995 auf dem Höhepunkt dessen, als die Combo eher einem Drogen- und Alkoholmorast denn einer Band glich) geben? Und wie?
Nichts von alldem, was der Vermutungssumpf waberte, trat ein. Nein, aber Depeche Mode sind dennoch zurück, eine der letzten der großen Bands der 80er, von ähnlichem Nimbus wie The Cure oder U2. Doch während letztere einen Frischzellen-Aufguss ihrer 40 größten Stücke präsentieren, tritt das exzentrische Duo mit knackneuen Songs an, zwölf sind es an der Zahl, die sich auf „Memento Mori“ finden, Silberling Nr. 15. Und was für welche – mit „Ghosts Again“ gibt es sogar einen DM-klassischen Hit.
Zwischen dem dunklen Brutzler „My Cosmos Is Mine“ bis zu Daves schwerblütigem Gespräch mit Gott in „Speak To Me“ spannt sich mit jeder weiteren Rotunde auf dem Plattenteller ein so depechiges Mode-All auf, wie man es seit dem letzten Evergreen „Precious“ (2005) kaum noch zu hoffen wagte. Viele Neuigkeiten, eine ganze Armada verdienstvoller Mittuer, ja, Mit-Songschreiber, Anklänge bei Kraftwerk und Postpunk, etwas Schmelz und Fiep und jede Menge Satzgesang der Neu-Freunde Gore und Gahan lassen „Memento Mori“, das uns auch daran gemahnt, jeden Moment gründlich zu kosten, zu einem späten Meisterwerk werden. Und Herb Grönemeyer musste sich zweimal mit Platz 2 in den Charts begnügen, um in der dritten Woche sich auf Platz 5, aber wiederum hinter DM, wiederzufinden …
Ja, die zärtlich angegrauten Synth-Götter haben bei aller Zumutung nochmal eine große Wurst gemacht. Nun wird der 26. Mai 2023 wieder ein denkwürdiger Tag für die Devotee-Welt – denn an dem Tag spielen Depeche Mode im allerinnersten Kreis ihrer Fanschaft: auf der Festwiese in Leipzig. Und wo lassen sich die Trauer um und die Ewigkeit eines Fletch besser feiern als an der Pleiße. Zumal die Festwiese so etwas wie die Open-air-Heimat DMs ist. Schon bei früheren Gigs glaubte man, es ginge nicht größer. Nun, mit knarzig-frischen Krachern wie „Never Let Me Go“ im Gepäck, zeigt sich – sie sind die Größten geblieben.
Text: André Schinkel