„Wenzel – Glaubt nie, was ich singe!“ – Film, Konzert, Gespräch, 29. Mai, Oper Halle, 18 Uhr, Tickets: www.buehnen-halle.de
Lew Hohmann legt mit „Wenzel – Glaubt nie, was ich singe!“ einen Dokumentarfilm über Wenzel vor. Am 29. Mai wird der Streifen in der Oper Halle gezeigt. Danach gibt es ein Gespräch und ein Konzert. Eine Filmrezension von Mathias Schulze
Ein Dokumentarfilm über Wenzel. Ist das mehr als ein PR-Streifen? Nach dem Anschauen fällt die Antwort klar aus: Nein! Und dann beginnen die Uneindeutigkeiten, denn der Genuss des Anschauens dürfte sich auch auf jene übertragen, die sich nicht als Fans outen würden. Dafür gibt das Leben dieses Tausendsassas, geboren 1955 in Kropstädt bei Wittenberg, zu viel her. Klar, die Weggefährten (Christoph Hein, Steffen Mensching, Andreas Dresen, Nora Guthrie oder Antje Vollmer) sind voll des Lobes für den melancholischen Anarchisten.
Klar, die Geschichte rund um den kleinen Hafen Kamp in Mecklenburg-Vorpommern, der jährlich ein Wenzel-Festival beheimatet, ist dramatisch. Kann der Hafenver-ein Kamp, können die Wenzel-Fans der Erbengemeinschaft aus dem Westen das geliebte Stück Erde abkaufen?
Klar, die mitgeschickte Wenzel-Musik ist einzigartig. Und klar, die Nachricht, dass Wenzel im März 2021 noch einmal Vater geworden ist, ist einigermaßen außergewöhnlich. Die Qualität des Filmes lebt aber von viele erstaunlichen Momente und Details, die emotional mitreißen können.
Die Zeitreise in Wenzels Leben bringt nicht nur Licht in damalige und heutige Verhältnisse. Nein, sie bringt beispielsweise auch ein Bild der ersten Hochzeit zu DDR-Zeiten zum Vorschein: Wenzel, der Bräutigam, in Jesus-Latschen! Und warum wurde Wenzel, der anlässlich einer Preisverleihung in Halle 1989 die „Resolution von Rock-musikern und Liedermachern“ vorlas, nicht umgehend verhaftet? Der Grund soll nicht verraten werden, die Geschichte dazu rührt zu Tränen.
Oder nehmen wir Wenzels Erzählung über seinen Magendurchbruch, da lag er schon im Sterbezimmer, im Song „Tausend Tode“ heißt es: „Und war ich schließlich aus dem Koma aufgewacht / Schmeckte der Speichel nach Blut, mir und Gin / Für mich sind tausend Tode ausgedacht / Es ist ein Wunder, dass ich noch am Leben bin.“
Oder nehmen wir diese eine Szene, in der Wenzel seine Schule in Wittenberg besucht. Wer wird da plötzlich als sein Schulkamerad vorgestellt, wer spricht da davon, dass Wenzels Vater sein Lieblingslehrer war? Es ist Reiner Haseloff! Dann gibt es noch die heute schon wieder kurios anmutenden Corona-Alltäglichkeiten. Wir sehen Wenzel 2021 auf einer Bühne: „Ein Konzert dürfen wir nicht spielen, das ist heute eine Versammlung. Ich werde also nach jedem Lied fragen, ob es Fragen gibt.“
Text: Mathias Schulze