The Nickajacks, 15. Dezember, Objekt 5, 20 Uhr
Die hallesche Band The Nickajacks, die aus Matthias Starch, Sven Schmidt und Philipp Meier besteht, spielt eine wilde Mischung aus Rock´n´Roll, Bluesrock und Countryfolk. Nun gibt es ein neues Album namens „Lights On“, das am 15. Dezember im Objekt 5 live und in Farbe vorgestellt wird. Grund genug, bei Starch und Schmidt nachzufragen. Ein Gespräch über die Freude am Musizieren, über Halle und die Subkultur
Können Sie bitte die Band The Nickajacks kurz vorstellen? Die Musik machen sie alle nebenher, oder?
Schmidt: Uns gibt es seit 2006, seit 2007 spielen wir Konzerte. In der aktueller Besetzung gibt es uns seit 2015. Bislang haben wir über 100 Konzerte in ganz Mitteldeutschland gespielt. Diese Konstanz, die Freude, die Musik an sich macht, und auch der Punkt, nie davon leben zu wollen -auch wenn man davon in jungen Jahren geträumt hat – sind die wesentlichen Gründe dafür, weshalb es uns heute noch gibt. Bei anderen Bands mit zum Teil höheren Erwartungen an sich selbst, ist das leider nicht mehr er Fall. Das „Nebenher“ nimmt den Druck aus der Sache, schafft Zeit für das andere Leben und auch musikalische Freiheiten.
Das neue Album „Lights On“ kann man kostenfrei auf Bandcamp hören. Warum?
Starch: Wir haben schon immer auch auf Bandcamp veröffentlicht, gerade für Veranstalter ist das auch ein guter Weg, sich einen Überblick zu verschaffen Schmidt: Geplant sind auch andere Streaming-Formate, das Kostenlos-Konzept hat mehrere Gründe. Wir freuen uns, wenn Leute es hören. Und solange wir Konzerte haben und ein paar CDs verkaufen, tragen sich auch die Produktionskosten. Dazu muss erwähnt sein, dass wir versuchen, möglichst viel in klassischer Do-it-Yourself-Manier zu machen – auch den Videodreh. Das ist nicht nur preiswert, sondern bringt viel Spaß. Wir machen das gern, darum geht es. Es geht eben nicht darum, alles perfekt auf Marketing und SocialMedia zu trimmen.
Es gibt ja sogar zu „Mother Meloney“ ein neues Video auf YouTube.
Starch: Ein Video zu machen, ist für uns Spaß. Wir haben von Anfang an für unsere Lieder Videos gemacht. Wir kommen auch aus einer Zeit, in der Videos noch einen anderen Stellenwert hatten, weil man nach der Schule nach Hause gekommen ist und sich Clips gern im Fernsehen angeschaut hat. Ich sag nur MTV oder Viva. Man hat da neue Releases fast herbeigesehnt. Klar, macht das Arbeit, aber unser neues Video ist mit der Unterstützung vieler Freunde entstanden. Mit vielen Mitwirkenden haben wir schon Konzerte gespielt oder sie sind gute Freunde. War also eine geile Sache.
Die Mugge ist druckvoll. Was passiert, wenn Sie musizieren? Fühlen Sie sich danach gereinigt vom Dreck der Tage? Oder ist es eher Erleuchtung?
Schmidt: Viel kommt aus der Musik, die wir hören. Druckvoll ist Wahrnehmungssache, wir fühlen so, für uns passt die Musik. Einigen ist es zu wenig druckvoll, anderen zu viel. Starch: Es sind unsere Lieder. Songs, die du selbst gemacht hast, die du gut findest. Nach all der Zeit haben wir festgestellt, dass sie auch dem Publikum gefallen. Da kommt dann also auf der Bühne auch was zurück. Natürlich ist es nach einer Arbeitswoche sehr befreiend, die Lieder im Proberaum oder auf der Bühne rauszuballern. Ja, das hat auch was Reinigendes. Erleuchtung hatten wir noch nie.
Ich staune jeden Monat neu, wie viele Bands und Musiker sich in Halle tummeln. Warum ist das so?
Schmidt: Die Wahrnehmung in Bezug auf Halle mag an der Größe der Stadt und der Soziodemographie liegen. In einer Studentenstadt entstehen solche Freiräume. Aber auch hier gilt: Das ändert sich zunehmend, Clubs schließen. Es kommen zwar neue dazu, aber nicht in ausreichender Anzahl. Regulierungen, Vorschriften oder Kosten schlagen stärker zu Buche als noch vor 20 Jahren. Als Stadt muss man Subkultur wollen. Es ist möglich, dass da zu wenig passiert. Zur Wahrheit gehört aber auch: Die größte Konkurrenz für Clubs sind Plattformen wie Netflix und die geänderten Ansprüche der Bevölkerung. Vor 15 Jahren gab es an einem normalen Wochenende drei bis vier Konzerte in drei bis vier Clubs. Das ist durch. Es ist halt einfach, wenn man auf dem Sofa mit der Packung Eis irgendeine sinnlose Staffel sucht. Das zeigt sich auch daran, dass – egal wo wir spielen – das Publikum zum größten Teil aus der Ü40-Generation kommt. Das liegt nicht nur an unserer Musik und an den Clubs, sondern daran, dass diese Leute mit Konzerten aufgewachsen sind und entsprechend die Prioritäten in Bezug auf Freizeit anders liegen. Das ist kein Vorwurf an junge Menschen und schlimm ist das überhaupt nicht, es hat halt jede Generation ihr Ding. Unser Ding waren immer schon Musik und Konzerte.
Was sehen Sie noch, wenn Sie durch Halle laufen?
Starch: Man fängt ja meistens mit dem Schlechten an. Das mache ich gleich mal: In den vergangenen Jahren haben sich sehr viele kleine Clubs verabschiedet: „La Bim“, „Rockstation“, „Marktwirtschaft“ oder „Hasi“. Es gibt immer weniger Clubs, in denen man spielen kann, vor allem zentrumsnah. Früher wurde in der Palette und im Turm auch mehr Livemusik gemacht, vieles hat sich da eher zurückentwickelt. Das geht jetzt mehr in Richtung Party-Event. Das ist sehr schade. Ist vielleicht auch ein Generation Z-Problem. Auf der anderen Seite ist das Positive, dass gewisse Läden neu hinzugekommen sind, beispielsweise Alte Schule oder Gleis 7. Wichtig ist auch, dass sich wichtige Locations gehalten haben, beispielsweise „Objekt 5“, „Last Exit“, „Rockpool“ oder „Reil 78“.
Was ist Glück?
Schmidt: Wenn der Proberaum nicht abbrennt.
Text: Mathias Schulze