Rock ’n‘ Roll Ringo, 11. Oktober um 21 Uhr und Caspar David Friedrich - Grenzen der Zeit am 13. Oktober um 14 Uhr, alle Infos und Spendenkonto: www.verein.format-filmkunstverleih.de
Zum Ende des Jahres schließt in Halle nach 18 Jahren der Format Filmkunstverleih. Ein neugegründeter Verein möchte die Sammlung retten. Wie, warum, weshalb? Grund genug, bei Vereinsmitglied Beppo Brandenburger nachzufragen
Wer betreibt den Verein „Format Filmkunst“, wer seid ihr? Seit wann gibt es den Verein?
Unser Verein hat sich im März dieses Jahres gegründet. Als der Betreiber Anfang Januar mitteilte, dass er den „Format Filmkunstverleih“ zum Ende des Jahres schließen möchte, haben wir uns das erste Mal Ende Januar 2024 ganz ungebunden als „Format-Kunden“ zusammengesetzt. Es gab eine Interessenliste, die im Laden auslag. Am 11. März haben wir uns dann schon zu unserer Gründungsversammlung getroffen - und mit 18 Gründungsmitgliedern unsere Satzung verabschiedet und den Verein „Format Filmkunst“ gegründet. Ehrenamtlich sind wir etwa 20 aktive Mitglieder, die den Verein betreiben. Und wir haben inzwischen eine Mitgliederzahl von über 100 Mitgliedern.
Warum habt ihr den Verein gegründet? Was treibt euch an?
Viele von uns bezeichnen sich selbst als Film-Enthusiasten und der „Format Filmkunstverleih“ war letzten 18 Jahren die Anlaufstelle gewesen, um gute Filme zu schauen. Natürlich hat sich in diesen Jahren in der Branche viel getan und Videotheken wurden durch Online-Dienste ersetzt. Deswegen ist unsere Vereinstätigkeit auch darauf gerichtet, dieses unabhängige Kulturgut mit seinen 19.000 Titeln öffentlich für jedermann zugänglich zu machen und als nutzbares Filmarchiv langfristig zu bewahren und zu erweitern. Der Umfang und die Qualität des Filmangebots sind einzigartig für Halle und seine Umgebung.
Darüber hinaus möchte der Verein Filmveranstaltungen zu gesellschaftlich und filmhistorisch relevanten Themen durchführen - und das bevorzugt in Zusammenarbeit mit anderen filmkulturellen Institutionen. Dazu gehören Filmvorführungen, Filmretrospektiven oder Filmdiskussionen. Wir möchten Workshops und Projekte, beispielsweise zur Einführung in die Filmanalyse, aber auch zur Filmproduktion organisieren und anbieten. Und zwar mit dem Ziel, Medienkompetenz und reflektierte Mediennutzung zu vermitteln und zu fördern.
Lass gut sein. Die Dinge braucht man nicht mehr. Könnte man auch denken. Warum teilt ihr diese Meinung nicht?
Worum geht es denn bei dieser Frage? Im Zeitalter der Digitalisierung mit Anbietern wie Netflix oder Amazon schauen fast alle online. Das ist uns schon bewusst, wir wissen, dass wir diese Entwicklung nicht umkehren können. Aber es geht hier um den Erhalt eines Kulturguts und um die Kultur des Filmeschauens. Und nicht um die Frage, wo ich die Filme her beziehe. Die Sammlung im Format ist weitaus größer, als bei so manchen Streamingdienst und bietet - neben Arthaus-Streifen und seltenen Raritäten - eine überragende Auswahl an ausgezeichneten Filmen in vielen Sprachen. Zudem ist es – da möchte ich unser Mitglied Giulia zitieren - „eine gängige, sehr täuschende Idee, dass alles im Internet zu finden sei. Stimmen tut es aber nicht. Vieles fällt unten durch“. Etliche Format-Kenner haben die Erfahrung gemacht, dass sie Filme nur im Kunstverleih finden konnten. Darüber hinaus ist es politisch wichtig, dass wir eine Vielfalt von Film-Kultur unabhängig von großen Konzernen zur Verfügung stellen, ähnlich wie es die öffentlichen Mediatheken tun. Das mag paranoid klingen, ist allerdings eine Sache des demokratischen Prinzips.
Was ist das Ziel? Was soll in gut einem Jahr geschafft werden? Und wie sieht die Vision im Zeitraum von ungefähr fünf Jahren aus?
Wo wir in fünf Jahren stehen werden, können wir an dieser Stelle noch nicht sagen. Für das nächste Jahr erhoffen wir uns als Verein, einen Großteil der Sammlung in einem Wert von 100.000 Euro vom jetzigen Inhaber zu erwerben. Das haben wir heute Dank der vielen Spenden schon zu einem Viertel geschafft! Um die einzigartige Filmsammlung zu erhalten und auch in Zukunft weiter anwachsen zu lassen, braucht es jedoch noch mehr. Ziel ist es, allen Film-Begeisterten und Neugierigen die Filmsammlung zugänglich zu machen und damit einen lebendigen Ort im Zentrum der Stadt zu bieten: Zum Stöbern, zum Austausch und um bei thematischen Filmabenden oder anderen Formaten in die Welt des Films einzutauchen. Eine institutionelle Unterstützung von der Stadt oder auch von anderen Organisation in der Zukunft ist natürlich wünschenswert, denn als „Cinethek-Videoarchiv“ bieten wir mit unserer Größenordnung einen öffentlichen Zugang zu Filmen wie es sonst nur von Bibliotheken oder Archiven zu erwarten ist. Im Vergleich: Die Stadtbibliothek Halle hat - meines Wissens nach - einen Bestand von ungefähr 1500 Filmmedien in der analogen Ausleihe. Diese Zahl übersteigen wir bei weitem.
Mit wem kooperiert ihr?
Im Moment ist das Puschkino ein starker Kooperationspartner, mit dem wir schon insgesamt drei großartige Veranstaltungen realisieren konnten. Zwei weitere sind für den 11. und 13. Oktober geplant – wir zeigen zwei Filme. In gewisser Weise gehört auch das Luchskino zu unserem Partner, denn dort treffen wir uns regelmäßig zu unseren Vereinssitzungen. Zudem haben uns schon Druckereien, beispielsweise Druck-Zuck, bei der Erstellung von Flyern und Plakaten unterstützt. Es gibt aber noch weitere Kooperationsideen, denen wir im Rahmen unserer ehrenamtlichen Tätigkeit nachgehen, die wir verwirklichen wollen. Wir sind ja noch ein recht junger Verein.
Mit welchen Hürden habt ihr momentan zu kämpfen? Was wünscht ihr euch von den Hallensern und Hallenserinnen?
Für uns als Verein ist es in den nächsten Monaten wichtig, weiterhin Mitglieder zu gewinnen. Mitglieder, die neugierig auf die Filmsammlung sind, die die Auswahl an Filmen schätzen. Auch über Engagement in der Vereinsarbeit selbst freuen wir uns. Die Filmsammlung benötigt viel Raum und die Vereinskosten müssen gedeckt werden. Als weiteren Meilenstein sehen wir den Erwerb der kompletten Filmsammlung. Und wir wünschen uns darin weiterhin viel Unterstützung von den Hallensern und Hallenserinnen. Doch am meisten wünschen wir uns, dass der Wert dieses Kulturgut von dem Hallensern und Hallenserinnen anerkannt wird, dass er als lebendiger Ort in der Stadt weiterhin seinen Platz findet.
Text: Mathias Schulze