60 Jahre FSJ, 1. Juni, Graben der Moritzburg in Halle, ab 13 Uhr, Eintritt frei, alle Infos: www.drk-freiwilligendienste-st.de
Das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) ist jüngst 60 geworden. Ein Gespräch über den Sinn und die Wichtigkeit von Freiwilligendiensten mit Katja Fischer vom Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Sachsen-Anhalts
Hallo, Katja Fischer, können Sie sich bitte kurz vorstellen?
Ich bin seit 24 Jahren für das DRK tätig. Mein Beruf ist eine Berufung. Ich fühle mich erfüllt mit dem, was ich hier bewirken kann.
Der Kampf um Anerkennung, eine Petition, eine Demo. Ereignisreiche Tage liegen hinter Ihnen. Wie fing das alles an?
2023 wurde eine bundesweite Kampagne gestartet, die sich „Freiwilligendienste stärken“ nannte. Diese Kampagne wurde von Freiwilligen ins Leben gerufen, deren Sprecherin Marie Beimen (NRW) eine Petition ins Leben rief, die für mehr Anerkennung der Freiwilligendienste warb. Hier ging es unter anderem um die kostenlose Nutzung von Nah- und Fernverkehr, eine bessere Finanzierung von Seminaren oder Wertschätzung durch Anrechnung auf Ausbildung oder Studium.
Dann kam der März 2023.
Ja, da erreichte uns die Nachricht, dass die Bundesregierung in ihrem Haushalt für 2024 und für die Folgejahre die Freiwilligendienste im Platzkontingent kürzen möchte.
Konkret?
Der Etat sollte für 2024 um 78 Millionen Euro gekürzt werden. Dies hätte tiefgreifende Folgen für Sachsen-Anhalt gehabt.
Erzählen Sie!
Wären die Kürzungen so eingetroffen, könnten anstelle von aktuell 557 Freiwilligen ab September 2024 nur noch 209 Freiwillige über das DRK in Sachsen-Anhalt ihren Dienst absolvieren. Dies war für uns keine Option, absolut nicht hinnehmbar. Deswegen starteten wir eine Rundreise durch SachsenAnhalt, bei der ich mich mit verschiedenen Bundestagsabgeordneten in ihrem jeweiligen Wahlkreis traf. Dies aber nicht im stillen Kämmerlein, sondern in unseren Einsatzstellen. Hintergrund war, dass wir vor Ort zeigen wollten, was die Freiwilligen leisten, warum sie eine unverzichtbare Stütze in der Gesellschaft sind. Unsere Bemühungen gipfelten zusammen mit anderen Wohlfahrtsverbänden in einer Großdemonstration in Berlin am 20. September 2023.
Wie erlebten Sie die Gespräche mit den Bundestagsabgeordneten?
Die Gespräche mit den Bundestagsabgeordneten waren positiv. Wir mussten aber feststellen, dass die Freiwilligendienste immer noch als Randerscheinung und in ihrer nachhaltigen Wirkung zur Personalnachwuchsgewinnung eher unterrepräsentiert wahrgenommen werden. Deswegen war es wichtig, dass wir diese Treffen in unseren Einsatzstellen gemacht haben, um zu zeigen, was die Freiwilligen ein Jahr lang für die Gesellschaft leisten, dass sie ein wichtiger Beitrag zur Nachwuchsgewinnung für die Einsatzstellen sind. So kam es oft vor, dass die Politiker und Politikerinnen erstaunt und ergriffen von den Diensten und Geschichten der Freiwilligen waren.
Und die Demo?
Die Demonstration war eine trägerübergreifende Aktion. Die Organisation erfolgte zusammen mit der AWO Berlin und dem Diakonischen Werk Berlin-BrandenburgSchlesische Oberlausitz. Wir sind aus Sachsen-Anhalt aus mit unseren Freiwilligen nach Berlin gereist. Letzlich begleiteten wir die Großdemo mit über 250 Freiwilligen und Einsatzstellenvertretern an diesem Tag. Vorher trafen wir uns noch mit einer Freiwilligengruppe vor dem Deutschen Bundestag, um mit Bundestagsabgeordneten direkt vor Ort ins Gespräch zu kommen. Die Demo war kräftezehrend und organisatorisch (neben dem Tagesgeschäft) eine Herausforderung, aber es war ein toller Erfolg und die Freiwilligendienste deutschlandweit wurden gesehen und gehört. Das war es, worauf es uns ankam!
Dann kam die Erleichterung, die aber nur eine temporäre ist.
Genau, die Kürzungen wurden nach langem Hin und Her von der Bundesregierung zurückgenommen. Allerdings haben wir keine Planungssicherheit als gesetzlich anerkannte Träger von Freiwilligendiensten, da ungewiss ist, ob 2025 nicht doch gekürzt werden könnte.
Bleiben wir bei Stichwort 2025: Was planen Sie? Was sind die Ziele?
Wir als Träger würden uns wünschen, dass wir eine langfristige Planungssicherheit der Freiwilligendienste zugesichert bekommen würden und dass die Anerkennung der Freiwilligendienste endlich durchgesetzt werden würde. Die Freiwilligendienste sind ein sich ständig neu erfindender Dienst. Das heißt, dass wir unsere Angebote der verschiedenen Formate ständig aktualisieren, auf die Bedürfnisse der jungen Erwachsenen anpassen. So bieten wir beispielsweise ein digitales FSJ oder ein FSJ im wissenschaftlichen Bereich oder auch einen Freiwilligendienst im Bevölkerungsschutz an. Für die Zukunft planen wir auch ein Angebot im Bereich der Nachhaltigkeit.
Aber vorher wird auch gefeiert!
Ja! Das FSJ feiert in diesem Jahr sein 60-jähriges Jubiläum. Anlässlich dieses Jubiläums veranstaltet der Betriebsteil Freiwilligendienste des DRK Sachsen-Anhalt am 1. Juni 2024 eine große Festveranstaltung im Graben der Moritzburg. Die Veranstaltung stellt ein „Danke“ an ehemalige und aktuelle Freiwillige sowie an die Einsatzstellen im Bereich Freiwilligendienste dar. Geplant ist ein buntes Bühnenprogramm mit Diskussionsrunden, Vorträgen und musikalischen Acts wie das Pasternack Trio, Deejaay Coop und Up2Dance. Wir freuen uns über jeden, der mit uns diesen Tag feiern möchte!
Text: Mathias Schulze