Im Steinbruch der Zeit. Erdgeschichten und die Anfänge der Geologie, Jahresausstellung im Historischen Waisenhaus, bis 21.03.21, Eintritt: 6 (erm. 4) Euro, www.francke-halle.de
Seit dem 20. September und noch bis zum 21. März des nächsten Jahres ist sie im Historischen Waisenhaus der ehrwürdigen Franckeschen Stiftungen zu sehen, die neue Jahresausstellung „Im Steinbruch der Zeit. Erdgeschichten und die Anfänge der Geologie“. Von den Anfängen der großen Naturerkundungen bis ins Anthropozän der Jetztzeit führt sie dabei
Die Schau rückt eines der großen Ereignisse der Frühen Neuzeit ins Zentrum: die Entdeckung der Erdzeit. Anschaulich führt sie durch scheinbar gegensätzliche Erdentstehungstheorien, Gelehrtenstreite, wirtschaftliche Interessen und den Verlust des Vorrangs der Bibel bis hin zum Blick in den Abgrund der erdgeschichtlichen Zeit.
Mit seltenen und eindrucksvollen Exponaten sowie wertvollen Handschriften unter anderem von Goethe und Alexander von Humboldt wird der Alltag der frühen Naturforscher lebendig. Vernetzt in einer weitgespannten Gelehrtengemeinschaft erstreiten sie sich eine Vorstellung vom Ursprung, der geologischen Struktur der Erde. Filme von Murat Haschu, Sounds von Dominik Eulberg lassen in diese Geschichten eintauchen. Die Ausstellung endet in der vom Menschen gemachten Landschaft. Nachdenklich machen hier die furiosen Fotografien Edward Burtynskys zu Bergwerken und Tagebauen.
Schätze vieler Einrichtungen illustrieren erstmals in der Schulstadt die Geburt der Geologie als Wissenschaft. Die Besucher erwartet ein spannend inszenierter Rundgang von der Vorgeschichte der Geologie, die Entstehung der modernen Geowissenschaften mit einem Exkurs zur Gegenwart, der dokumentiert, wie die Umwelt durch ungezügelte globalisierte Finanz- und Wirtschaftsinteressen verändert wird.
„Uns interessierte besonders, was die Menschen dazu bewegte, sich mit der unbelebten Natur auseinanderzusetzen“, beschreiben die Kuratoren der Schau ihr Kernthema. Dafür konnten sie etwa mit dem einzigartigen Nachlass des Autodidakten Christian Keferstein arbeiten, der in die Geschichte als Schöpfer der ersten geologischen Karte Deutschlands einging. 300 Karten, 600 Briefe, eine 2.000 Bände fassende Bibliothek zählt die Sammlung, die in den Franckeschen Stiftungen aufbewahrt wird.
Zur Exhibition erscheint ein Katalog mit den Beiträgen zahlreicher wichtiger Autoren, in dem das Ringen auf dem Weg zur Entdeckung der Erdzeit in den letzten Jahrhunderten detailliert vorgestellt wird. Der Katalog bleibt wie die Schau selbst nicht in der Geschichte stehen, sondern gibt am Schluss einen Ausblick ins Künftige. Die Jahresausstellung wird von einem umfangreichen Begleitprogramm flankiert.
Text: André Schinkel