Infos: jacobiundmueller.buchhandlung.de/shop/
Das letzte Wort in diesem Monat hat Raimund Müller. Richtig, der Buchhändler von Jacobi & Müller, der seinen Laden am Harz 2 nun schon seit 27 Jahren führt und für viele in der Stadt der Buchhändler des Vertrauens schlechthin ist. Mit Witz, Charme und Leidenschaft ist Müller täglich dort anzutreffen. Er berät, empfiehlt und hält den traditionellen Literaturbetrieb sehr schön am Laufen. Raimund Müller, der 1969 in Wittenberg geboren wurde, kultiviert den Austausch über literarische Novitäten, Trends, Klassiker und Themen, die die Stadtgesellschaft betreffen.
Hallo, Raimund Müller, wenn Sie in diesen Tagen an Halle denken, welches Kompliment würden Sie der Stadt und/oder ihren Bewohnern machen?
Ein Riesenkompliment an alle Hallenser, die das große Eröffnungsspektakel des Puppentheaters – den riesigen Gulliver – angeschaut haben. Der Marktplatz war voll und die Stimmung unter den Menschen phantastisch. Danke an die Organisatorinnen und Mitwirkenden dieser Inszenierung!
Und welchen Tadel würden Sie der Stadt aussprechen?
Am meisten verstimmen mich die Ergebnisse der letzten Wahlen, sie lassen mich regelrecht verzweifeln. Gibt es wirklich so viele rückwärtsgewandte Menschen, die sich von der Demokratie abgewandt haben? Ein anderes Thema, von dem ich als Unternehmer betroffen bin, ist der Erwerbungsetat der Stadtbibliothek an Buchhandlungen – ab 2024 wird nicht mehr städtisch, sondern europaweit ausgeschrieben. Aufgrund der Preisbindung ein völlig sinnlos langwieriges und bürokratisches Verfahren; und die Umsätze, Einnahmen und Steuern fließen aus der Stadt ab – von der Frage nach dem Lieferzeitraum und der ökologischen Sinnhaftigkeit mal ganz abgesehen. Und noch etwas gefällt mir nicht. Seit Oktober 2023 ist die Harz-Mensa wegen eines Brandschadens geschlossen. Es sieht irgendwie nicht so aus, als würde da an der Wiedereröffnung gearbeitet, sondern als würde hier eine gigantische Investitionsruine entstehen.
Kriege, Klima, Inflation – überall Krisen. Wie gelingt es Ihnen, optimistisch zu bleiben?
Optimismus ist in diesen Zeiten eine der größten Herausforderungen. Welcher Mensch geht heute noch gedankenlos schlafen? Welcher Mensch wacht heute noch hoch-optimistisch auf und denkt sich, heute wird alles besser, ohne in der nächsten Sekunde wieder von den gegenwärtigen Krisen eingeholt zu werden? Doch ohne ein Fünkchen Optimismus und Hoffnung ist diese Welt gar nicht mehr zu retten. Was als Buchhändler vermutlich auf der Hand liegt: Ich verliere mich, um meine Welt etwas erträglicher zu machen, gerne in Büchern. Bücher wurden von Menschen geschrieben. Und genau diese Menschen machen mir Hoffnung. Texte können zutiefst enttäuschen, auf der anderen Seite aber dafür sorgen, die Menschen wieder an etwas glauben zu lassen. Dazu kommt aber noch das tolle Team und die Kundschaft meiner Buchhandlung. Ich glaube, worauf es heute mehr denn je ankommt: Zusammenhalt. Was wir alleine nicht schaffen, das schaffen wir nur zusammen.
Und welchen Kulturtipp in oder aus Halle würden Sie unbedingt empfehlen?
Wer’s noch nicht gehört hat: Es gibt seit ein paar Jahren in Halle eine Volksbühne und ein Literaturhaus! Und natürlich Ballett, Oper, neues theater und die vielen großartigen Freien Theater... einfach mal hingehen.
So, und nun wirklich ein letztes Wort.
Ein Buch! Lies mal wieder! Und kauf es beim Buchhändler! Bei mir oder meinen tollen Kolleginnen. Du musst die Netzmilliardäre durch Onlineshopping nicht noch reicher machen.
Text: Annett Krake