Literatur im Garten, 8. bis 15. Juli, alle Veranstaltungen: www.freiraumbuerohalle. de/blog/literatur-im-garten-0
Vom 8. bis 15. Juli lädt das „Freiraumbüro Halle“ zum Lesefestival „Literatur im Garten“. Wieso geht es in die Gärten? Was ist das „Freiraumbüro“? Wir haben bei der Mitarbeiterin Anett Krause nachgefragt
Können Sie erklären, was man sich unter dem „Freiraumbüro Halle“ vorstellen kann?
Zunächst kann man sich darunter ein Büro vorstellen. Wir sitzen, wenn wir nicht pandemiebedingt im Homeoffice arbeiten, im Kulturhaus „Goldene Rose“ in der Rannischen Straße 19.
Ihre Arbeit?
Unser Arbeitsschwerpunkt im Auftrag der Stadt Halle ist die Identifizierung, Aktivierung und Vermittlung von Freiräumen für Projekte und Akteurinnen aus dem gemeinwohlorientiert-kreativen Bereich. Bei uns finden Vereine, Künstlerinnen, Kreative, Initiativen und Arbeitsgemeinschaften einen Anlaufpunkt, wenn sie für ihre Aktivitäten und Veranstaltungen passende Räumlichkeiten suchen.
Das können Probenräume für Chöre, Orchester oder Bands sein, Atelier- oder Arbeitsräume für Künstlerinnen, Räume für die Vereinsarbeit, Seminare oder Workshops oder Orte für die verschiedensten Veranstaltungen. Wir arbeiten eng mit verschiedenen Fachbereichen der Stadt Halle zusammen, wollen langfristig Strukturen mitentwickeln, um Stadtentwicklung, auch aus der Perspektive der gemeinwohlorientiert- kreativen Szene zu gestalten. Wir bieten Beratung und Projektbegleitung an, initiieren eigene Projekte.
Wie kam es denn dazu?
Die Eröffnung des Freiraumbüros im letzten Oktober ist unter anderem das Ergebnis des Freiraumkonzepts, das die Stadt Halle 2019 verabschiedet hat. Hierin bekennt sie sich explizit zu den Gewinnen, die selbstbestimmte und selbstorganisierte Projekte von zivilgesellschaftlichen Akteurinnen für die Stadtgesellschaft hervorbringen.
Freie Kultur- und Kreativschaffende, noch dazu im gemeinnützigen Bereich, agieren oft verschieden zu den Strukturen von Stadtverwaltung und -politik. Vieles entsteht aus dem aktiven Tun heraus, Spontanität und Flexibilität kennzeichnen viele Projekte. Das passt nun nicht immer zu den Vorgaben und strukturellen Bedingungen von städtischen Genehmigungs- und Verwaltungsprozessen. Das Freiraumbüro begreift sich als Übersetzerin und arbeitet moderierend in beide Richtungen, immer mit dem Ziel, die Umsetzung von Projekten zu ermöglichen.
Wie würden Sie Ihre Mission beschreiben?
Auch wenn die fortschreitende Stadtsanierung in den letzten zwei Jahrzehnten die gemeinwohlorientiert- kreativen Akteurinnen mehr und mehr aus den innenstädtischen Bereichen verdrängt hat, sehen wir noch viel Freiraumpotential in der Stadt. So gibt es auf der einen Seite leer stehende städtische Liegenschaften und ungenutzte Landesimmobilien und gleichzeitig eine Vielzahl von Akteurinnen, die für ihre Projekte Raum suchen.
Aber auch jenseits klassischer Immobilienstrukturen finden sich in Halle interessante Freiräume, teils an durchaus ungewöhnlichen Orten. In diesem Spannungsfeld Freiräume zu identifizieren und dann sowohl temporäre Lösungen wie Zwischennutzungskozepte, vor allem aber tragfähige langfristige Lösungen für die freie Szene zu entwickeln – das ist unser Anliegen.
Sie sind eine von zwei festen Mitarbeiterinnen?
Das Freiraumbüro ist ein Projekt der „Goldene Rose gemeinnützige GmbH“, das von mir und meiner Kollegin Lydia Viloria geführt wird.
Kommen wir zur Aktion „Literatur im Garten“.
Freiräume für die freie Kunstund Kulturszene finden sich manchmal auch an ungewöhnlichen Orten, zum Beispiel in Gartenanlagen. Von denen gibt es zahlreiche über den ganzen Stadtraum verteilt, nicht wenige von ihnen verfügen über wenig genutzte Vereinsheime mit großen Sälen, leer stehende Gartenlokale und beeindruckende Freiflächen. Viele dieser Orte sind im Dornröschenschlaf und warten darauf, geweckt zu werden.
„Literatur im Garten“ soll der küssende Prinz sein.
Das Lesefestival soll einer Öffentlichkeit und potentiellen Nutzerinnen diese tollen Orte zeigen und gleichzeitig einer Reihe von Künstlerinnen die Möglichkeit geben, wieder zum Publikum zu finden. An jedem Tag wird in eine andere Gartenanlage eingeladen.
Das Programm …
… entstand in Zusammenarbeit mit dem Literaturhaus Halle, dem Mitteldeutschen Verlag, den Buchhandlungen „heiter bis wolkig“, dem Fachbereich Kultur der Stadt Halle, der „Wörterspeise“, den freien Theatern „Varomodi“, „Volksbühne Kaulenberg“ und „Hörspiel auf Verlangen“ und vor allem mit der großen Unterstützung des Stadtverbands der Gartenfreunde. Diese Kollaboration darf auch symbolisch verstanden werden: Nach einer langen Durststrecke tun sich viele Akteurinnen zusammen, um neue Freiräume zu erobern. Hoffen wir, dass die Pandemielage unser Vorhaben zulässt.
Text: Mathias Schulze