Blond, 6. März, Werk 2, 20 Uhr und auch beim Highfield-Festival vom 14. bis 16. August, Störmthaler See Großpösna, www.highfield.de
Die Chemnitzer Band „Blond“ besteht aus den zwei Schwestern Nina und Lotta Kummer und deren Kumpel Johann Bonitz. Auf dem gelungenen Debütalbum „Martini Sprite“ gibt es Pop, Indie, Funk und Rap. Humorvoll wird mal auf Deutsch, mal auf Englisch gesungen. „Blond“ spielen am 6. März im Leipziger Werk2, beim Highfield-Festival sind sie auch dabei. Wir haben mit Nina Kummer über Social Media, Macho-Gehabe und West-Ost-Kategorien gesprochen
„Die Zeit“ hat Sie zusammen mit ihrer Schwester Lotta zu den „100 wichtigsten jungen Ostdeutschen" gezählt. Kommt Ihnen das auch ein wenig seltsam vor?
Ja, ich war überrascht, aber es hat uns natürlich auch gefreut.
Als ich die Schlagzeile gelesen hatte, dachte ich, dass sich da ein (westdeutscher) Blick konstituiert, der Ostdeutschland per se mit Nazis oder Rechtspopulisten gleichsetzt und dann erfreut die farbigen Flecken betont. Ist Chemnitz mittlerweile zum Label für diesen Blick geworden?
Also Chemnitz bietet uns natürlich Strukturen, die kulturellen Netzwerke kennen wir, wir wissen, wie sie funktionieren, wie die Leute ticken. Ich finde es eigentlich schön, wenn das Kunst- und Kultur- Geflecht des Osten medial auftaucht. Das kann ruhig noch häufiger passieren.
Sie sind Jahrgang 1997, spielt da eine West-Ost-Kategorie noch eine Rolle? Die letzten Jahre habe ich mitbekommen, dass „das Ostdeutsche“ auf jeden Fall Teil meiner Identität ist. Nur ein Beispiel: Viele westdeutsche Studenten werden superkrass von ihren Eltern unterstützt, während die ostdeutschen Altersgenossen neben ihrem Studium oft noch arbeiten gehen müssen. Schon allein die Vermögensverhältnisse in Ost und West sorgen für diese von Ihnen angesprochene Kategorie. Sind Sie im Zuge der Berichterstattung bislang mit dem „Vorwurf“ der familiären Seilschaften konfrontiert? Ich denke dabei natürlich an den „Kraftklub“ und an Felix und Till Kummer. Eigentlich nicht. Auf dem Album gibt es den Song „Thorsten“, da geht es um das männliche Macho-Gehabe. Erzählen Sie mal vom Macho-Gehabe im Musikbusiness?
Ein Beispiel, ein ganz klassischer „Thorsten“ also: Ein Tontechniker kommt und fragt, wo ist eigentlich der Schlagzeuger. Dabei ist Lotta, unsere Schlagzeugerin, schon da. Oder diese Verniedlichung mit den Sprüchen wie „Werdet mal erwachsen“ oder „Du kommst schon noch zum Zug, Mäuschen“. Das zieht sich durch alle gesellschaftlichen Schichten. Ganz krass war es neulich auf einem Festival, das Publikum bildet einen Moshpit, es entstand also vor der Bühne ein großer leerstehender Raum. Und genau in dieser Mitte stand ein Mann, der mich anschaute und andeutetet dass er sich gerade einen runterholt. Das war schon heftig.
Sexismus, Verniedlichung, Macho- Gehabe. Ich kann mir vorstellen, dass das auch zu Situationen führt, die Sie nicht eindeutig auflösen können – gerade dann, wenn Abhängigkeitsverhältnisse bestehen.
Ja, es wird so richtig anstrengend, wenn man auf die Leute angewiesen ist, wenn diese Dinge aus den Musikredaktionen, von Booking- Agenturen oder Festival-Veranstaltern kommen. Ich meine, wir sind ja dann meist im Machtgefälle unter ihnen. Meist muss man auch noch einige Stunden mit den Leuten verbringen. Ein schwieriges Feld, ich habe da noch kein Patentrezept entwickelt. Das muss, glaub ich, auch jede Musikerin selbst entscheiden. Manchmal kann man auch gewisse Dinge erst im Nachhinein anmerken, weil es so schnell geht, weil man sich erst einmal sammeln und überlegen muss.
Ihr Kumpel Johann Bonitz ist ein blinder Multiinstrumentalist.
Wir sind mit ihm aufgewachsen, unsere Beziehung hat sich über Jahre entwickelt. Manchmal vergesse ich sogar, dass er blind ist. Da unser Team aus Freunden besteht, funktioniert alles wie am Schnürchen: Die Fahrten, die Vorbereitungen, das Konzert, der Nachgang. Es fühlt sich ganz normal an.
Chemnitz, Sachsen, Ostdeutschland, die vielzitierte Krise der Demokratie. In diesem Spannungsfeld stehen auch Künstler. Wie handhaben Sie politische Botschaften?
Wir als Band „Blond“ agieren nicht explizit politisch, obwohl wir privat sehr politische Wesen sind. Wir sind eine Band, bei der man sehr deutlich erkennen kann, dass wir gegen Homophobie oder Rassismus sind. Das kommt ganz automatisch rüber. Generell machen wir das, worauf wir Lust haben. Und wenn wir Lust auf einen politischen Song haben, machen wir den auch, obwohl es schon viele sehr gute gibt.
Social Media: Lust oder Frust?
Lust! Das ist nur ein weiteres Werkzeug, mit dem wir uns inszenieren können. Klar, es gibt auch blöde Seiten, die Stichworte lauten Schönheitswahn, permanente Selbstoptimierung, Influencerinnen, die gut bezahlt ein absurdes Schönheitsideal setzen. Aber für uns als Band ist Social- Media perfekt.
Haben Sie schon einmal daran gedacht, was Sie in zehn Jahren machen?
Ich weigere mich, mehr als ein Jahr im Voraus zu denken, ich weigere mich, erwachsen zu werden. Es geht für mich jetzt darum, den Moment zu genießen.
Wenn Sie, wie beispielsweise beim baldigen Highfield-Festival, auf Stars und Sternchen treffen: Überwiegt da die Freude oder die Ernüchterung, wonach man sich die Leute ganz anders vorgestellt hatte.
Weder noch. Ich steh nicht so auf Ikonen oder Helden, dadurch ist die Fallhöhe nicht gegeben. Es ist eigentlich immer nur interessant.
Hatten Sie keinen Bravo-Starschnitt im Jugendzimmer?
Ja, doch, die Sängerin und Schauspielerin „LaFee“, aber die treffe ich ja nicht auf dem Highfield-Festival (lacht).
Text: Mathias Schulze