Arbeit-Das Werk zur Stelle, ab 23. Oktober, Freie Spielstätte, Waisenhausring 2, alle Termine: www.apron.de
Text: Mathias Schulze
Soziologisch, historisch, humorig – am Theater Apron laufen die Proben zu „Arbeit-Das Werk zur Stelle“. Regisseurin Andrea Martin hat uns darüber Auskunft gegeben
Das Stück Arbeit – Das Werk zur Stelle kann als zweiter Teil von Geld-Das Stück zum Schein angesehen werden: Wie liefen die Vorbereitungen bisher?
Wir haben zuerst Fragen gesammelt, die uns zum Thema Arbeit interessieren und denen wir nachgehen wollten. Dabei haben wir festgestellt, dass Arbeit eine zentrale Rolle in unserem Leben spielt. Schon in der Schule erwerben wir Wissen und Kompetenzen, die uns auf den Arbeitsmarkt vorbereiten sollen. Einige machen sogar die Wahl ihres Wohnortes und ihre Familienplanung von der Arbeit abhängig. Wir streben nach einer ausgewogenen Work-Life-Balance, gerade so, als wären Arbeit und Leben zwei verschiedene Dinge. Freizeit ist vielleicht frei von Erwerbsarbeit, nicht jedoch von Sorge-, Pflege-, Erziehungs- und ehrenamtlicher Arbeit, ohne die Erwerbsarbeit gar nicht möglich wäre.
Wenn wir jemanden kennenlernen, kommt ziemlich schnell die Frage: „Und, was machst du so?“ Ein „beruflich, meine ich“ muss man gar nicht erst hinzufügen. Wir definieren uns geradezu über unsere Arbeit. Aber das war nicht immer so. Deshalb haben wir recherchiert, wie sich die Bedeutung der Arbeit im Laufe der Geschichte verändert hat. Auch aktuelle Veränderungen haben uns interessiert. Dazu haben wir Interviews mit Experten geführt und Hallenser befragt.
Welche Befunde stellen die Experten?
Die Chancen, die Digitalisierung, Robotik oder Künstliche Intelligenz bieten, sind enorm. Die Risiken des Missbrauchs leider ebenso. Es ist Aufgabe der Gesellschaft, Antworten auf ethische Fragen zu finden.
Der Bewusstseinswandel bezüglich der „Arbeit“ ist zwar nur ein, aber doch ein wesentlicher Bestandteil der zukünftigen gesellschaftlichen Herausforderungen. Wo und wie könnte der noch initiiert werden?
Der technische Fortschritt brachte uns mehr Wohlstand und kürzere Arbeitszeiten. In den letzten zweihundert Jahren hat der Arbeitsmarkt die Verteilung des Wohlstandes reguliert. Aber durch die Digitalisierung werden sehr viele Jobs wegfallen. Die verschiedenen Studien, die es dazu gibt, sind sich über den prozentualen Anteil der Arbeitsplätze, die wegfallen werden, nicht einig. Aber dass die Anzahl der Arbeitslosen steigt, steht fest. Durch die steigende Produktivität werden einfach immer weniger Menschen gebraucht. Und es ist nicht nur körperliche Arbeit, die entfällt, sondern auch viele Jobs im Dienstleistungssektor werden überflüssig. Dabei ist weniger Arbeit für alle doch eigentlich zu begrüßen, solange die Existenz jedes Einzelnen abgesichert ist.
Trotzdem wird alles für den Erhalt und die Schaffung neuer Arbeitsplätze getan, ob diese Tätigkeiten sinnvoll sind oder nicht. Hauptsache Arbeit. Hauptsache Wachstum. Dabei produzieren wir längst mehr Waren, als wir benötigen. Solange damit Profit gemacht wird, gibt es kein Innehalten.
Wo ist das Problem?
Wir müssen uns fragen: „Brauchen wir mehr Zeit oder mehr Zeug?“ Werden wir auf dem Sterbebett sagen: „Ach, hätte ich doch noch mehr Überstunden gemacht“ oder „Hätte ich lieber mehr Zeit mit meiner Familie verbracht“? Wollen wir unseren Kindern eine zerstörte Umwelt hinterlassen mit den Worten: „Na ja, für die Wirtschaft und für die Arbeitsplätze war das gut“? Was brauchen wir wirklich? Warum richtet sich der Wert einer Arbeit nicht nach dem Nutzen für die Gemeinschaft und die Umwelt, sondern nur nach dem Profit, den sie abwirft?
Es ist genug für alle da. Aber Arbeit und Vermögen sind ungleich verteilt. Das reichste Prozent der Deutschen verfügt über ebenso viel Vermögen wie die 87 ärmeren Prozent der deutschen Bevölkerung. Wozu? Von zehn Euro, die in Umlauf sind, zirkuliert nur einer in der Wirtschaft, die anderen neun auf Finanzmärkten. Wem, außer ein paar Großaktionären und multinationalen Konzernen, nützt das? Politik und Wirtschaft sehen keinen Änderungsbedarf. Deshalb muss die Veränderung von uns ausgehen. Mit unserem Stück wollen wir anregen, darüber nachzudenken.
Es wird einen dritten Teil geben?
Ja, unbedingt. Nach „Geld“ und „Arbeit“ stellt sich die Frage, wie Utopien umzusetzen sind. Es gibt noch keinen Arbeitstitel. Aber das Thema steht fest: Demokratie.