Mord an Bord, 1. Juli bis 28. August, Graben der Moritzburg, Vorverkauf gestartet, alle Infos: www.apron.de
Mit „Mord an Bord“ steht das Sommer-Stelldichein des freien Theaters Apron in den Startlöchern. Der Kartenvorkauf hat begonnen. Grund genug, bei Alexander Terhorst, der für Buch und Regie verantwortlich ist, nachzufragen
Hallo, Alexander, ich habe es munkeln gehört, dass es Ihre letzte Regiearbeit fürs Sommertheater sein soll?
Munkeln ist ein schönes Wort. Besser als tratschen oder Gerüchte verbreiten. Munkeln ist warm und gemütlich. Wie ein Nest, in dem man sich eingerichtet hat. Ich will mich nicht einrichten. Ich will raus aus dem warmen Nest „Sommertheater im Burggraben“. Ist ganz schön heiß da drin geworden und voll. Das soll es auch bleiben. Aber nach acht Jahren „Terhorst-Theater“ mit Apron im Sommer, ist es Zeit für neue Handschriften auf der Bühne und im Textbuch.
Wo geht es danach hin?
Was das Neue sein wird, weiß bis jetzt weder ich noch Apron. Abenteuer ist das Ergebnis schlechter Planung. Und in schlechter Planung bin ich hervorragend. Mein Leben ist also voller unerwarteter Abenteuer. Meine Leidenschaft, bei „mdr-aktuell“ und anderen Radio-Sendern die Nachrichten zu präsentieren, bleibt ungebrochen. Ich spreche zudem Dokus über Flugzeugabstürze, Begriffsdefinitionen in Podcasts mit Olaf Schubert und Stefan Ludwig und berlinere mich durch animierte Kinderfilme über den Mauerfall.
Klingt rund.
Und dann ist da ja noch das Genre Krimi-Dinner. Fürstlich speisen, köstlich amüsieren. Den Schweiß der Edelgaukler auf dem Teller, das Dekolleté der Diva im Gesicht. Ich liebe es. Die Kulturreederei Halle um Anja Jünger und Martin Kreusch ist in puncto Dinner-Theater die goldene Hausnummer.
Zu „Mord an Bord“: Was ist zu erwarten?
Lachen, bis der Schiffsarzt kommt. Neben ein paar Traumschiff-Klischees geht es um wichtige Fragen unserer Zeit. Sind wir uns immer selbst am Nächsten? Natürlich! Was ist wichtiger als ich? Ich! Und: Gibt es den perfekten Mord? Was fasziniert uns, an diesem herrlich verschwenderischen Massenluxus auf hoher See? Warum verschwinden ständig Passagiere von Kreuzfahrtschiffen? Wir versuchen mit kriminellem Charme und intrigantem Gesang zu beweisen, dass es egal ist, wer eine Uniform anhat. Hauptsache ist, dass sie gut sitzt. „Und dann gibt es in der Kommunalpolitik natürlich scheinbar stärker werdende Kräfte, die Vereine wie Theater Apron und andere scheinbar für überflüssig halten.“ Theater Apron und eine feste Spielstätte.
Das klingt wie eine lange Geschichte mit ebenso langem Bart!
Wenn du in Halle 30 Jahre lang Teilauto nutzt, weißt du nicht mehr, wozu ein eigenes Auto gut sein soll. Als ältester freier Theaterverein Halles hat Theater Apron zwar weiter keine feste Spielstätte, dafür aber ganz viele! Von kompakt bis mini. Im Freefloating-Modus. „Mord an Bord“ können wir im alten Thalia-Theater proben. Ganz oben auf der Probebühne hinter der Kantine. Ein Traum. Danke an den Verein „Freie Spielstätten“! Und danke an die überraschend tollen Mitarbeiterinnen bei der Stadt, wie Kathrin Westphal und Jane Unger, die das endlich bezahlbar möglich gemacht haben. Da in unseren Lagerraum gerade eingebrochen wurde und beispielsweise unsere teure Nebelmaschine geklaut wurde, schauen wir derzeit nach neuen Lagermöglichkeiten. Wir haben Kontakte zu Privateigentümern von Mietshäusern, die uns Räume in ihren Hinterhofgebäuden anbieten. Auch weil sie Apron-Stücke in guter Erinnerung haben. Das geht runter wie Öl.
Ich erinnere mich an ein jahrelanges Hin und Her bezüglich des ehemaligen Thalia-Theaters.
Es gibt tatsächlich Neuigkeiten. Die Freie Szene darf – unter starken Auflagen und vergleichsweise günstig – hin und wieder den großen Saal bespielen. Dadurch kann der Leerstand dort weiter verringert werden. In terminlicher Absprache mit dem Verein „Freie Spielstätten Halle“ nutzt auch die Kulturinsel weiter ab und zu das Thalia. Und auch der Verein „Puschkinhaus“, dem das Vorderhaus gehört, steht weiter als Ansprechpartner für externe Einmietungen zur Verfügung. Bei den Fluchtwegen und freien Zugangsrechten sind aber noch einige Fragen offen, sodass ein Veranstaltungsbetrieb – wie in einem echten freien Theater – dort leider noch immer nicht möglich ist. Und dann gibt es in der Kommunalpolitik natürlich scheinbar stärker werdende Kräfte, die Vereine wie „Theater Apron“ und andere scheinbar für überflüssig halten. Es gebe zu viele Spielstätten, zu viele freie Projekte. Gar nicht zu reden von Brandanschlägen auf die „Goldene Rose“ am Eselsbrunnen, in dem auch wir unseren Probenraum hatten. Der Doppelanschlag vor zwei Jahren galt zwar offenbar nicht direkt uns, hat durch die Löscharbeiten aber so viele Schäden angerichtet, dass ein Probenbetrieb dort auch durch die schleppenden Bauarbeiten bis heute nicht möglich ist.
Am 9. Juni ist Kommunalwahl in Halle. Was wünscht sich so ein Vertreter der freien Szene von seinen Lokalpolitikern?
Mehr Wissen, mehr persönliche Erfahrungen, mehr Neugier, mehr Fragen, mehr Phantasie, mehr praktische Antworten. Mehr Tempo? Auf jeden Fall mehr freie Szene in den Bewilligungsbescheiden. Apron zum Beispiel verzichtet für „Mord an Bord“ diesmal ganz auf öffentliche Fördergelder. Nicht, weil wir keine städtische Unterstützung bräuchten. Sondern weil immer nur ein Teil der benötigten Summe bewilligt wird, während der Bürokratie-Aufwand hoch ist. Ziemlich undurchsichtig ist zudem, warum in einem Jahr drei Theaterstücke gefördert werden und im nächsten nur ein einziges. Wo ist die langfristige Idee für Halles Kultur? Wie wäre es, wenn wir uns bald auf der Dachterrasse des Zukunftszentrums zusammensetzen? Zum freien Rumspinnen? Für den gemeinsamen Blick über den kulturellen Tellerrand?
Text :Mathias Schulze