WUK Theater Quartier, alle Termine: www.wuk-theater.de
Das WUK Theater Quartier feiert dieser Tage seinen fünften Geburtstag. Zeit für Rück- und Ausblicke. Wir haben bei der Leiterin Nicole Tröger und beim künstlerischen Leiter Tom Wolter nachgefragt
Zunächst, Glückwunsch zum Fünften an den Holzplatz, verbunden mit der Frage, was Sie eigentlich die Corona-Zeit, die wohl noch nicht vorbei ist, gelehrt hat?
Wolter: Vielleicht konnten wir in den letzten beiden Jahren beweisen, was der Vorteil des Hauses ist: Erfahrung und Leidenschaft, verschiedene Generationen im Team. Wir konnten erleben, dass wir uns sofort über Möglichkeiten verständigten, Programme für Nachbarn und alternative Formate angeboten haben. Vielleicht liegt unsere Beständigkeit auch an unserer prekären Situation, denn wer aus der Armut kommt, verliert auch in der Krise nicht den Mut und den Sinn für Humor. Aber das ist zynisch, wir konnten erleben, wie wichtig wir sind, wie wir Unterstützung und Spenden erfahren haben. Daraus haben wir unendlich viel Zuversicht genommen. Tröger: Mir hat es vor allem gezeigt, dass dieses Haus in den wenigen Jahren ein großartiges Team um sich versammelt hat, dass sich trotz Lockdown nicht zurückgezogen, sondern künstlerische Chancen ausgelotet hat. Wir haben die Zeit genutzt, um uns programmatisch weiterzuentwickeln. Unser Digital-Format „#aufsendung“ hat sich zum festen Bestandteil unseres Programmes entwickelt. Mit unserem Projekt „lose and win on“, gefördert von der Kulturstiftung des Bundes, widmen wir uns beispielsweise schon fast das gesamte Jahr 2022 der Verbindung von Digitalität und den freien darstellenden Künsten. Das Spielfeld Digitalität soll auch weiterhin im Spielplan enthalten sein. Und wir konnten die „pandemische Ruhe“ nutzen, um interne Strukturanalysen durchzuführen. Wir hatten Zeit für Gespräche im Leitungsteam und haben beispielsweise eine sehr wesentliche Entscheidung für die Zukunft des Hauses getroffen, nämlich dass das WUK Theater Quartier nicht mehr selbst produziert, sondern Partner für Künstlerinnen und Künstler als Koproduzent und Kooperationspartner ist.
Wie lässt sich denn die gegenwärtige Verankerung des WUK Theater Quartiers in der Heimatstadt Halle beschrieben?
Tröger: Die Stadt Halle hat uns 2019 einen Erbbaupachtvertrag bis 2070 unterzeichnet. Mit dieser langjährigen Perspektive spricht uns die Stadt Halle großes Vertrauen aus und erkennt uns als ernstzunehmenden Partner an. Dafür bin ich in allererster Linie sehr dankbar, weil es unsere Arbeit überhaupt möglich macht und weil die Stadt Halle hier auch ein Bekenntnis zur Perspektive „Freie Szene“ ausgesprochen hat. An- dererseits höre ich daraus auch einen Auftrag: Nämlich das WUK Theater Quartier als freies Produktionshaus in Halle aufzubauen und auszubauen, stetig weiterzuentwickeln und auch zukunftsweisend für die freie Szene in dieser Region zu sein. Die erste Etappe haben wir nach fünf Jahren erreicht. Wir sind etabliert und von der Stadtgesellschaft angenommen.
Für die freie Szene in Halle …
… bieten wir, wie auch für den künstlerischen Nachwuchs, professionelle Arbeitsbedingungen, wir sind ein verlässlicher Partner geworden. Zudem haben wir es geschafft, auch bundesweit für die freie Theaterszene Anlaufstelle in Sachsen-Anhalt zu sein. Um dieses Niveau halten zu können, bedarf es jetzt gesicherter Strukturen. Das WUK Theater Quartier hat sich in kürzester Zeit rasant entwickelt. 2017 administrierten Tom Wolter und ich zum Großteil allein das WUK Theater Quartier. Inzwischen beschäftigen wir über 30 Personen pro Jahr, darunter Festangestellte, geringfügig Beschäftigte und freie Mitarbeitende. Um dieses Niveau halten zu können, bedarf es nun sicherer Strukturen. Das meint in erster Linie eine gesicherte Finanzierung. Die aktuellen Gespräche zur Konsolidierung innerhalb des Kulturetats der Halle machen uns da keine Hoffnungen für wirtschaftliche Stabilität. Trotzdem bin ich ehrlich dankbar für die geschlossene Ablehnung des Kulturausschusses zum Haushaltsentwurf 2023 – das ist ein Bekenntnis zur freien Kultur in unserer Stadt. Aus meiner Sicht können wir den aktuellen Krisen nur im Dialog begegnen. Den versuchen wir als Theater vor allem programmatisch zu führen, beispielsweise mit der Stadtgesellschaft und Nachbarschaft, im Rahmen des Brückenfest, aber auch in verschiedenen Begegnungsformaten.
Ein Blick in den Maschinenraum: Wie entscheidet es sich, welche Stücke gezeigt werden? Lassen Sie sich bei Gastspielen überraschen? Oder schauen Sie sich die Inszenierungen vorab an?
Wolter: Das muss ich beantworten, ich bin vom Vorstand des Vereins mit der künstlerischen Leitung beauftragt. Das ist herausfordernd und spannend: Kein Geld, wenig Planungssicherheit und eine wachsende riesige Auswahl an potentiellen Produktionen und Projekten, die sich uns anbieten. In Abstimmung mit dem Beirat entscheide ich über die Kapitel-Planung, was ja gleichzeitig eine Festlegung der Themen ist. Wie dann der jeweilige Spielplan gebaut wird? Gute Frage, da ist alles enthalten. Es gibt Einladungen an Produktionen, die wir schon kennengelernt und gesehen haben. Ein Großteil aber machen Vorstellungen aus, die hier produziert werden und die wir und die Welt nicht kennen. Daher ist die Überraschung, das Vertrauen und das Interesse Grundlage der Entscheidungen.
Welche Wünsche gibt es?
Tröger: Ich erhoffe mir für das Team sichere Strukturen, beispielsweise mehrjährige Förderung, also eine überjährige Planungssicherheit und Stabilität.
Das vollständige Interview findet man auf unserer Homepage und auf facebook.com/HalleFrizz.
Text: Mathias Schulze