Beate Krauße, Infos: www.erlebnis-halle.de; Weltgästeführertag, alle Infos: www.wgft.de
In Halle steht am 24. und 25. Februar der Weltgästeführertag auf dem Programm. Und die Hallenserin Beate Krauße ist eine Stadtführerin. Nicht nur das: Sie ist auch eine Waldführerin! Was ist das? Wir haben Frau Krauße zum Gespräch gebeten
Hallo, Beate Krauße, Sie führen Gäste durch unsere Stadt. Was ist das Besondere daran? Mir ist es ein Anliegen, dass die Führungen zu einem positiven gemeinsamen Erlebnis für meine Gäste und mich werden. Ein Abspulen von Fachwissen reicht nicht aus. Je mehr ich mit meinen Gästen ins Gespräch komme, umso intensiver werden die Führungen. Als Fremde kommen, als Freunde gehen, gerne wiederkommen: Das kann der Idealfall sein. Meine Führungen sind geprägt von meiner persönlichen Liebe zu meiner Heimatstadt. Seit wann machen Sie das? 2011 habe ich begonnen, mein Interesse für Stadtgeschichte in einem Grundkurs für Gästeführer zu vertiefen und erste Stadtführungen anzubieten. Anschließend konnte ich über zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten die höchstmögliche Zertifizierung für Gästeführer in Deutschland ablegen. Seit 2015 arbeite ich hauptberuflich als selbständige Gästeführerin in und um Halle. Die Corona-Pause habe ich genutzt, um mich für das Thema „Stadt und Natur“ stark zu machen, das mir am Herzen liegt. Besonders prägend war dafür die Ausbildung zur Waldführerin in der Eifel bei dem bekannten Förster und Bestsellerautor Peter Wohlleben. Als Einzelunternehmerin habe ich eigentlich keine Angestellten. Trotzdem unterstützen mich mittlerweile abertausende fleißige Bienen, welche auch von Gästen besucht werden können und welche Halles süße Vielfalt präsentieren Was zeichnet eine gute Stadt- und Waldführung aus? Es gibt nicht „die“ gute Stadt- oder Waldführung. Es ist wichtig, dass ich weiß, was die Gäste von meinen Führungen erwarten, sodass ich die Tour individuell anpassen kann. Was am Ende der Tour aussieht, als wäre es ein entspannter Rundgang gewesen, bedeutet viel Vorbereitung, Hintergrundwissen und passendes Zeitmanagement. Meine besten Kritiker sind oftmals Kinder. Kinder? Ja, so war es eines der schönsten Erlebnisse, als ein neunjähriger Junge nach drei Stunden betrübt darüber war, dass die Führung schon zu Ende sein sollte. Geht es immer nur um die „schönen Ecken“? Es macht viel Freude, die „schönen Ecken“ zu zeigen. Das ist in Halle einfach, auch wenn Einheimische ihre Region oft sehr kritisch sehen. In den letzten Jahrzehnten gab es so umfangreiche Wandlungen im Stadtbereich, dass es eine Freude ist, diese zu zeigen. Unübersehbar sind aber beispielsweise die unkontrollierten Graffiti, mit welchen unsere Stadt flächendeckend überzogen ist. Je nachdem, wo die Gäste herkommen, ist dies häufig ein Thema. Auch der immer noch vorhandene Leerstand und Verfall von Gebäuden, sowohl in der Altstadt als auch besonders in Halle-Neustadt, wird immer wieder mit den Gästen thematisiert. Gerade bei dem Thema Leerstand gibt es aber die Möglichkeit zu zeigen, was hier in den vergangenen Jahren passiert ist und somit für eine optimistische Grundstimmung zu sorgen. Ich biete grundsätzlich keine Führungen an, nach denen meine Gäste deprimiert nach Hause gehen. Das betrifft auch das aktuelle Thema „Wald und Bäume“. Es schmerzt oft schon fast körperlich zu sehen, wie sehr unser Wald in den letzten Jahren gelitten hat. Aber gerade jetzt haben wir die Möglichkeit, neu zu denken, zu planen oder auch mal Natur Natur sein zu lassen. Es ist ein unglaublich gutes Gefühl zu sehen, wie viele Menschen sich in diesem Bereich engagieren! Was treibt Sie an? Gästeführer ist mehr als ein Beruf. Besonders fasziniert mich daran, was ich alles machen kann. Ob im historischen Gewand oder klassisch als Stadtführerin, ob zu Fuß oder mobil, ob eine Stunde oder mehrere Tage: Alles ist dabei! Jährlich neue Themen angehen, diese mit bestehenden Konzepten verknüpfen, Dinge für die ich brenne mit anderen teilen: Das ist für mich der schönste Beruf der Welt! Wie setzt sich Ihre Kundschaft zusammen? Sehr vielfältig. Dazu gehören Touristen, aber auch Einheimische, Kongress- und Tagungsteilnehmer, Schulklassen und Kindergärten. Ob mit Esel Halodri oder bis zur virtuellen Präsentation für Menschen in Senioreneinrichtungen: Ich habe ein abwechslungsreiches Publikum. Meine Gäste buchen mich direkt. Einige Führungen biete ich in Kooperation mit dem Stadtmuseum Halle und dem Stadtmarketing Halle an. Da geht’s dann auf die Türme der Stadt, auf meine geliebte Oberburg Giebichenstein oder in das Landgericht Halle. Übrigens koordiniere ich auch die Glockenspielkonzerte im Roten Turm und die aktuelle Ausbildung der halleschen Carillonneure. Wie sehen die Pläne und Ziele aus? Jedes Jahr gibt es neue Planungen, dazu gehören auch neue Führungskonzepte. Eine komplett neue Führung wird es ab diesem Jahr über und auf der Saline-Insel geben. Hier gibt es viel zu entdecken – von Industriekultur bis zur Natur und dem Leben am Fluss. Ebenso wird es eine Fortsetzung und Weiterentwicklung der historischen Touren mit der Spezereienhändlerin Magdalene geben. Auch eine neue Präsentation von Stadtund Naturgeschichten mit meinem Erzähltheater für Kinder und Erwachsene steht auf dem Programm. Der erste große Termin, nicht nur für mich, sondern für viele Gästeführer weltweit, ist im Februar. Alljährlich findet rund um den 21. Februar der Weltgästeführertag statt, an dem in Deutschland qualifizierte Gästeführerinnen und Gästeführer Einblicke in ihre Arbeit mit kostenfreien Sonderführungen geben. Auch in Halle? In Halle findet der Weltgästeführertag am 24. und 25. Februar statt. Als Vorstandsmitglied im Verein „Bundesverband der Gästeführer“ organisiere ich dieses Programm für ganz Deutschland. Ich freue mich, dass immer mehr Interessenten diese Angebote besuchen und Interesse an unserem Beruf haben.
Text: Mathias Schulze