Rollercoaster, 25. November, Brohmers, 20 Uhr, www.rollercoaster-info.de
Das Brohmers war eine der halleschen Institutionen in Sachen Bar, Kneipe und Musik – jetzt sollen dessen Tore an der Bernburger Straße für immer schließen. Zum Abschied spielen die Rollercoaster – vier musikalische Haudegen aus Amsterdam, Leverkusen und Halle, die mit ihrem unwiderstehlichen Jump Blues und West Coast Swing durchs Wohnzimmer rollen. Wir haben Jürgen Kuhne zum Gespräch gebeten
Die Rollercoaster rollen zusammen seit gut 25 (!) Jahren durch Halle. Da haben sich Erfahrungen angesammelt. Erzählen Sie!
Es gab mal eine Hochzeit. Nach der ersten Runde gab es kaum noch Interesse an uns, die Leute hielten sich zum Teil draußen auf. Nach kurzer Überlegung, wie es weitergehen soll, spielten wir einfach weiter – mit großem Spaß und viel Witz. Und nach und nach kamen die Gäste zurück, es begann eine nicht enden wollende Party. Diese Erfahrung war der Schlüssel für eine Vielzahl folgender wunderbarer Konzerte, bei denen sich nach wenigen gespielten Takten ein Lächeln in den Gesichtern zeigte und sich die Tanzfläche im Nu füllte.
Sie sind alle berufstätig und machen die Musik nebenher, oder?
Wir sind alle in verschiedenen Bereichen berufstätig. Und wir teilen eben unsere gemeinsame Leidenschaft zur Musik. Und ja, die gute Harmonie zeigt sich nicht nur im Zusammenspiel, sondern auch in einer mittlerweile festen Freundschaft.
Wie fing alles an?
Angefangen hat es Ende der 1990er Jahre, noch unter dem Namen ‚Bluesdeal‘ mit klassischem Blues beziehungsweise BluesRock. Remco, der zu dieser Zeit noch berufsmäßig musizierte, kam dazu, als der Band der Gitarrist, trotz bereits geplanter Auftritte, absprang. Was anfangs als Übergangslösung geplant war, stellte sich schnell als feste Besetzung heraus. Das weckte bei allen Bandmitgliedern neue Energie. So tasteten wir uns auf Anregung des damaligen Harp-Spielers Thomas Schied peu à peu an den JumpBlues und West Coast Swing heran.
Dieser Stil …
… stammt aus den USA, war Vorläufer des Rock’n’Roll und ist die Verbindung früherer BluesSpielarten im Big Band-Sound der 1940/50er Jahre – passend gemacht für kleinere Besetzungen. Wir stellten schnell fest, welche Freude der fröhliche, zum Mitwippen animierende Stil beim Spielen bereitete. Als dann auch noch das entsprechende Feedback durch ein tanzendes Publikum dazu kam, konzentrierten wir uns fast ausschließlich auf das zum Teil unbekannte Nischen-Musikgenre. Damals musste nur noch ein Bandname gefunden werden. Ja, ein Bandname, der zum neuen alten Stil passte. Mit ‚Rollercoaster‘ fanden wir den in den musikalischen Geschichtsbüchern. Es ist ein Name, der die Brücke von der Spielfreude zum tanzenden Publikum bilden soll – für eine gemeinsame schwindelerregende Achterbahnfahrt.
Zurzeit …
… arbeiten wir daran, neue alte Schätze aus den Archiven zu graben. Wir wollen unbekannte Songs mit einer eigenen Interpretation dem Zuhörer bekannt machen. Gerne würden wir öfter spielen, aber leider ist es nicht leicht, geeignete Auftrittsorte zu finden. Wir wollen aber etwas aktiver nach Auftrittsmöglichkeiten schauen – auch außerhalb von Halle.
Ein Blick aufs heutige Halle: Wie sehen die Bedingungen fürs Musizieren aus?
Wir genießen den glücklichen Umstand, bei einem unserer Mitglieder proben zu können. Da haben es andere Bands in Halle schwerer, um an einen gut gelegenen, bezahlbaren Proberaum zu kommen. Auch die Anzahl der Auftrittsmöglichkeiten wird immer überschaubarer. Vor nicht allzu langer Zeit gab es in Halle viele Kneipen mit regelmäßiger LiveMusik und auch ein Kneipenfestival mit einem vielfältigen Spektrum unterschiedlicher MusikGenres. Eine Reaktivierung wäre vielleicht eine geeignete Maßnahme, um werbewirksam auf die hallesche Musikszene aufmerksam zu machen und den Bands die Möglichkeit einer Präsentation vor heimischem Publikum zu verschaffen. Positiv ist natürlich das Objekt 5 als feste Größe für Live-Musik zu erwähnen. Auch der Kultursender des MDR, der regionalen Bands die Möglichkeit bietet, ihre Musik im Radio vorzustellen, sollte nicht vergessen werden. Wir freuen uns, dass sich doch hier und da Tendenzen zeigen und Kneipen gelegentlich Live-Musik bieten, beispielsweise im ‚Pierre Grasse‘ oder im ‚Kaffeeschuppen‘, um nur zwei zu nennen.
Wie nehmen Sie den letzten Tanz im Brohmers wahr?
Leider verschwindet mit der Schließung des Brohmers eine kultige hallesche Kneipeninstitution und für uns auch eine weitere Auftrittsmöglichkeit. Nach einer längeren Auftrittspause war es damals der frühere Betreiber, Wolle Käubler, der uns als großer Rollercoaster-Fan mit offenen Armen empfangen und uns jedes Jahr eine Auftrittsoption ermöglicht hat. Diese Location mit dem einzigartigen Flair und der tollen Atmosphäre ist unser Zuhause geworden – mit der Bühne als Wohnzimmer. Das Brohmers wird uns sehr fehlen, wir blicken mit Wehmut zurück auf die tollen Konzerte, die wir hier geben und erleben durften. Übrigens sind auf YouTube einige magische Momente festgehalten. Es war uns eine Ehre! Aus diesem Grund möchten wir uns mit einem Konzert vom Brohmers verabschieden. Und wir freuen uns nicht nur über ein tanzfreudiges Publikum, sondern auch auf all diejenigen, denen das Brohmers am Herzen liegt und fehlen wird.
Beenden Sie bitte abschließend diesen Satz: „Nach einem Konzert …
… bin ich sehr geschafft, aber zufrieden, wenn wir andere Menschen glücklich machen konnten.
Text: Mathias Schulze