Trotzburgfest, 7. bis 30. Juni, Oberburg Giebichenstein, alle Veranstaltungen unter: www.trotzburgfest.de, Verein „Lebenstraum“, alle Infos: www.lebenstraum-verein.de
Vom 7. bis 30. Juni findet wieder das Trotzburgfest auf der Oberburg Giebichenstein statt. Veranstaltet wird das Ganze vom Stadtmuseum Halle, der hallesche Musiker und Eventmanager Michael Proschek kuratiert. Für alle Konzerte gibt es dieses Jahr auch eine Schlechtwettervariante in der Petruskirche in Kröllwitz. Neben diversen Lokalmatadoren werden Musiker aus Gabun, den USA, Belgien, der Ukraine, Frankreich oder Großbritannien gastieren. Auch die hallesche Band „Tricky Notes“, die Gastmusiker empfängt, wird am 23. Juni um 18 Uhr spielen. Mit dabei ist dann auch Silke Schmidt, die Bratsche und Geige spielt und in Halle beim Verein „Lebenstraum“ arbeitet. Grund genug, bei Schmidt nachzufragen
Hallo, Silke, können Sie bitte kurz etwas über sich sagen?
Aufgewachsen bin ich in Northeim, einer Kleinstadt in Südniedersachsen. Zum Studium war ich in Bayern. Anschließend hatte ich erste Jobs in Bremen und Hamburg, bevor mich dann meine damalige Beziehung und der nächste Job nach Halle führten.
Manchmal erzählen mir Zugezogene, dass es schwierig ist, in die hallesche Szene reinzukommen. Wie war es bei Ihnen? Wo sind Sie überall musikalisch tätig?
Dass es eher schwierig ist, in die Szene reinzukommen, ist richtig. Bei mir war es der Zufall, der mich den Urgesteinen – zunächst über die Mitwirkung beim letzten Weihnachtssingen - nähergebracht hat. Eine befreundete Bratsche, die angefragt wurde, hatte keine Zeit – und fragte mich. Mir war klar: Das ist die Gelegenheit, musikalisch neues Gelände zu betreten. Seit meiner frühen Jugend spiele ich im Sinfonieorchester. Nach meinem Umzug war das die erste Überlegung: Welches Orchester kann ich hier heimsuchen? In Halle ist es das Orchester der Medizinischen Fakultät geworden. Ansonsten mache ich viel Kammermusik. Trio, Quartett, manchmal Quintett, meist reine Streicherbesetzung. Je nach Bedarf spiele ich dann Bratsche oder Geige. „Meine Freunde aus Halle sind toll, ich mag ihren Humor.“
Für welche Anfragen aus hiesigen Musikprojekten wären Sie offen?
Es gibt wenig, was ich ausschließen würde. Neues auszuprobieren, ist reizvoll. Man wächst immer daran. In der Schulzeit hab’ ich bei einer Black-Metal-Band Geige gespielt, in der Studienzeit in einem Tango-Orchester. Nichts davon möchte ich missen. Ein Traum: Bei einem Kinderlieder-Projekt mitzumachen! Was dachten Sie, als Sie Halle zum ersten Mal sahen? Der erste Gang durch die Stadt war spätabends, vom Bahnhof ins Paulusviertel. Ich hatte mit Plattenbau und nichts Besonderem gerechnet. Umso begeisterter war ich, auf dem Marktplatz stand ich mit offenem Mund. Auch mein erster optischer Eindruck von Halle-Neustadt war schön. Im Sonnenaufgang bin ich zur Schwimmhalle geradelt, das Sonnenlicht hat sich in den vielen Fenstern der Hochhäuser gespiegelt. Generell mag ich die Stadt am liebsten, wenn nicht so viel los ist. Das liegt aber nicht an den Bewohnern, sondern an meinem Naturell.
Haben oder hatten Sie Schwierigkeiten mit der hiesigen Mentalität?
Meine Freunde aus Halle sind toll, ich bewundere sie für ihre anpackende Art, Problemen gegenüber. Und ich mag ihren Humor, wenn man das so generell sagen kann. Während meiner Zeit als Fremdsprachensekretärin am MaxPlanck-Institut für Ethnologische Forschung hat mich aber betroffen gemacht, von ausländischen Mitarbeitern zu hören, dass sie wegen der täglichen Diskriminierung nicht nach Halle gezogen, sondern lieber nach Berlin gependelt sind.
Sie waren neulich beim Tricky-Notes-Konzert im Objekt 5 dabei: Wie war es?
Aufregend! Im Vorfeld war es für mich eine Herausforderung, die Stücke auswendig zu spielen. Ich hab’ in meinen anderen Ensembles immer die Noten vor der Nase. Es hat aber hingehauen, hat ein schönes Gefühl der Unabhängigkeit ausgelöst. Und man bekommt dadurch viel mehr von den anderen Musikern mit. Ansonsten war es für mich ein großer Schritt heraus aus meiner Komfortzone. Man muss sich auf der Bühne präsentieren. Das liegt mir nicht so, ich hätte am liebsten ganz hinten gesessen, wo mich keiner sieht. Aber das ging nicht. Und das war auch gut so. Ich bin daran gewachsen, hab gemerkt, dass ich es überlebe, dass es sogar Spaß machen kann, präsent auf der Bühne zu stehen. Und jetzt freue ich mich natürlich auf das Wiederholungskonzert mit „Tricky Notes & Friends“ auf der Burg Giebichenstein!
Sie arbeiten beim Verein „Lebenstraum“. Erzählen Sie bitte!
Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, Menschen mit Behinderung mehr gesellschaftliche Teilhabe und Selbstbestimmung zu ermöglichen. Von Eltern gegründet, die sich für ihre Kinder mit Behinderung keine Heimunterbringung vorstellen wollten. Heute gibt es bei uns beispielsweise eine Wohnschule, wo Familien ausprobieren können, wie es ist, wenn ihr erwachsenes Kind mit Behinderung alleine wohnt. Eigenverantwortlich und selbstbestimmt zu leben, das wird damit ein Stück greifbarer, eben für jeden nach seinen Möglichkeiten und mit der nötigen Unterstützung. Für mich ist die Stelle in der Verwaltung ein Glücksgriff, nachdem in den letzten Jahren der Wunsch nach einer Tätigkeit in einem sinnstiftenden Umfeld größer geworden ist. Eine besondere Veranstaltung, die alle zwei Monate an einem Samstagnachmittag im Objekt 5 stattfindet, ist eine inklusive Disko, die „Disco Deluxe“. Vielleicht sehen wir uns dort am 1. Juni um 14 Uhr?
Text: Mathias Schulze