Weitere Infos unter: www.dokmost.de, Instagram: frau_most
Das letzte Wort hat in diesem Monat die hallesche Fotografin, Dozentin, und Start-up-Beraterin Yvonne Most. Die preisgekrönte Fotokünstlerin wurde 1981 in Thüringen geboren, studierte Fotografie an der Burg in Halle und an der Ostkreuzschule in Berlin. Heute arbeitet Yvonne Most unter anderem als Fotografin für verschiedene Magazine. Sie sagt: „In Berlin hatte ich das Gefühl, dass die Stadt mir anfänglich zuraunt: ,Wat willst’n du och noch hier?' Mein Leben in Halle startete dagegen überschrieben mit: Na Meine, schön, dass de da bist!“
Wenn Sie in diesen Tagen an Halle denken, welches Kompliment würden Sie der Stadt und/oder seinen Bewohnern machen?
Halle hat manchmal so ein positiv dörfliches Feeling und ist trotzdem urbaner Raum mit einer gewachsenen Stadtgestaltung, die den Atem der Stadt in Schwung hält. Halle ist ein Geheimtipp und ich würde mir wünschen, dass einige Hallenserinnen das genau so sehen könnten. Der Puls der Stadt schlägt in den Hinterhöfen und an Orten, die irgendwie versteckt liegen, und wenn ich solch ein Versteck entdecke, dann ist das für mich jedes Mal aufs Neue beeindruckend.
Und welchen Tadel würden Sie ihr aussprechen?
Halle könnte sich mehr trauen, selbstbewusster mit der städtischen Substanz umgehen. Manchmal scheint es mir, als würden die Reste der ehemaligen Chemiearbeiterstadt noch in den Ecken und Winkeln lungern und auf den Gemütern der Menschen hier liegen – ich vermisse das Lächeln auf den Gesichtern meiner Mitmenschen, wenn es beim Einkaufen an der Kasse mal länger dauert. Und ein Tadel der nicht oft genug ausgesprochen werden kann, ist die Verkehrsführung für Radfahrer. Mit dem Rad kann ich kaum irgendwo normal hinfahren, alte Pflastersteine sind romantisch, aber für den Radverkehr eine Katastrophe. Aber auch als Autofahrer, muss man sich wohl öfter mal die Haare raufen, um der verbauten Verkehrsführung eine durchdachte Organisation abgewinnen zu können.
Was glauben Sie, welche drei Dinge werden in Halle nach der Corona- Zeit anders sein?
Ich hoffe, dass die Menschen freundlicher miteinander umgehen, weil es nicht selbstverständlich ist, dass man sich sehen kann. Außerdem wäre es gut, wenn die Entdeckungsreisen in die nähere Umgebung mehr wertgeschätzt würden und wir uns auf das Besinnen was wir vor der Haustür an Kunst, Kultur, Natur und Freiräumen haben. Ich würde dieses bewusste Verhalten Beziehungspflege zur Stadt und ihren Bewohnern nennen, das schafft Vertrauen und gibt Sicherheit.
Welchen Kulturtipp in oder aus Halle würden Sie unbedingt empfehlen?
Im Sommer zur Jahresausstellung der Kunsthochschule „Burg“ in die Ateliers und Werkstätten gehen, im Herbst mit einem warmen Getränk vom Saalekiez am Wasser entlang spazieren und dann lecker im „kumara-soulfood“ essen gehen, im Winter nach dem Kinobesuch im Zazie an der Bar vom „Czech“ über alte Studienzeiten philosophieren und sonntags Frühstücken im „MitteEndeMai“. Wenn ich das selbst so lese, fällt mir auf, dass es schon viel zu lang her ist, die alten und neuen Gesichter dort gesehen zu haben.
So, und jetzt wirklich: Ihr letztes Wort?
Pssst, Halle ist ein Geheimtipp … weitersagen … sie werden kommen und staunen …!
Text: Annett Krake